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Ordnung für die Priesterbildung in der Erzdiözese Freiburg

vom 10. September 1985

(ABl. 1985, S. 237)

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Mit der „Rahmenordnung für die Priesterbildung“ (= RO), die am 1. Mai 1978 in Kraft trat, hat die Deutsche Bischofskonferenz entsprechend dem Auftrag des Zweiten Vatikanischen Konzils (Dekret über die Ausbildung der Priester „Optatam totius“ Nr. 1) eine Ordnung für die Aus- und Fortbildung der Priester in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen und darin die allgemeinen Normen aufgegriffen, die die Kongregation für das katholische Bildungswesen als „Grundordnung für die Ausbildung der Priester“ am 6. Januar 1970 erlassen und am 19. März 1985 in einer überarbeiteten Fassung vorgelegt hat. Auf dieser Grundlage regelt die nachstehende Ordnung die Aus- und Fortbildung der Priester in der Erzdiözese.
Mit der deutschen Rahmenordnung unterscheidet sie drei Bildungsphasen: Ausbildung (1.), unmittelbare Hinführung zur Priesterweihe und Einführung in Leben und Dienst des Priesters (2.) sowie Fortbildung (3.).
Die vorliegende Ordnung greift das gewachsene und bewährte Leben sowie die ihm entsprechenden Strukturen, wie sie sich in der Aus- und Fortbildung der Erzdiözese herausgebildet haben, auf und entfaltet sie als Grundlage für die Bildung der Priester. Sie versteht sich als verbindliche Orientierung und Wegweisung für die wichtige Aufgabe der Aus- und Fortbildung der Priester. Sie will dem Leben und der Aufgabe des Priesters dienen und Stütze und Hilfe dafür sein. Sie ist offen für Anregungen und neue Impulse sowie für eine sachgemäße Weiterentwicklung auf der gegebenen Grundlage.
Zentrales Anliegen der Ordnung für die Priesterbildung ist es, die Priesterkandidaten durch die Ausbildung in der notwendigen Weise auf ihren Beruf vorzubereiten und die Priester durch die Fortbildung für ihren Dienst weiter zu befähigen und dazu auszurüsten.
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Erster Teil: Die erste Bildungsphase: Ausbildung

Die erste Bildungsphase umfasst die Zeit des Studiums der Theologie an der Universität. Sie beginnt mit der Aufnahme unter die Kandidaten des priesterlichen Dienstes der Erzdiözese Freiburg und endet mit dem Abschluss der Theologischen Hauptprüfung und der Zulassung zum Priesterseminar. Sie dauert in der Regel fünf, für Studienanfänger ohne Lateinkenntnisse sechs Jahre. Sie will den Studenten durch menschliche, geistliche und wissenschaftliche Bildung zum priesterlichen Dienst und Leben hinführen und befähigen.
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I. Das Collegium Borromaeum als Theologenkonvikt der Erzdiözese Freiburg

Das Collegium Borromaeum ist in Einheit mit dem Theologischen Studienseminar St. Georg das Theologenkonvikt der Erzdiözese Freiburg und bildet zusammen mit dem „Priesterseminar“ in St. Peter das geistliche Ausbildungszentrum („Seminar“, vgl. CIC cann. 237 – 264; RO 44) für die Priesterkandidaten der Erzdiözese. Es führt die Priesterkandidaten zur Seminargemeinschaft und -gemeinde zusammen. Dieser gemeinsame Weg der Vorbereitung auf den priesterlichen Dienst ermöglicht gegenseitige Hilfe zur Glaubenserfahrung und zur Glaubensvertiefung durch das Zeugnis des einzelnen und der Gemeinschaft, zur menschlichen Reifung, zur Erweiterung eigener Erfahrungen und Anschauungen und zur Einübung verschiedener Formen der Zusammenarbeit (vgl. RO 45).
In das Collegium Borromaeum werden junge Männer aufgenommen, die eine erste Entscheidung für den Priesterberuf getroffen haben sowie die Bereitschaft und Voraussetzungen mitbringen, als Kandidat des Priesterlichen Dienstes der Erzdiözese Freiburg den Weg zum Priesterberuf zu gehen. Die Aufnahme erfolgt auf Vorschlag des Direktors durch das Erzbischöfliche Ordinariat.
Im Einzelfall können auf Wunsch des zuständigen Bischofs, Direktors oder Ordensoberen auch Priestertheologen anderer Diözesen oder Ordensangehörige in die Gemeinschaft des Hauses aufgenommen werden. Sie wohnen während des ersten Studienjahres in dem eigens für die Eingangsstufe vorgesehenen Theologischen Studienseminar St. Georg, das einen integralen Teil des Theologenkonviktes bildet.
Im Auftrag des Erzbischofs und unter seiner Verantwortung wird das Collegium Borromaeum vom Direktor geleitet. Mit ihm zusammen tragen – je nach ihrer Aufgabe – der Rektor des Studienseminars St. Georg sowie die Repetitoren, die mit dem Direktor zusammen die Seminarleitung bilden, und der Spiritual die Verantwortung für das Leben und die Ausbildung im Theologischen Konvikt (vgl. RO 55).
Die Vorsteher begleiten und beraten die Studenten in ihrer Ausbildung zum Priesterberuf und treffen die notwendigen Entscheidungen gemäß der Ausbildungsordnung. Sie leiten die Studenten zum geistlichen Leben an und geben ihnen Hilfe zum Studium und zur Einübung in die pastorale Tätigkeit. Insbesondere tragen sie Verantwortung für die Berufsklärung und Berufsentscheidung des einzelnen.
Der Spiritual, der für die äußere Ordnung nicht unmittelbar zuständig ist, trägt die Verantwortung der Vorsteher unter dem Gesichtspunkt der spirituellen Bildung mit. Ihm obliegt in besonderer Weise die Einführung in das geistliche Leben. Er ist Begleiter und Helfer der Studenten in ihrem persönlichen Mühen um den Weg der Nachfolge und die Klärung der Berufsfrage. Aus Achtung vor seiner Aufgabe und vor seiner Pflicht zur Verschwiegenheit wird er als „Forum internum“ nicht in Entscheidungen über Studenten einbezogen (RO 56). Außer dem Spiritual werden vom Bischof Beichtväter bestellt, denen auch die persönliche geistliche Führung und Begleitung zusammen mit entsprechend qualifizierten Mentoren obliegt.
Vom Bischof eigens für diese Aufgabe bestellt, verstehen sich die Vorsteher in gemeinsamer Aufgabe und Verantwortung als Gemeinschaft von Priestern, die zusammen mit den Studenten den Weg der Nachfolge gehen, um ihnen zu helfen, ihre christliche und priesterliche Berufung vertieft zu entdecken und zu verwirklichen. In gemeinsamem Gebet, beratendem Austausch und im Zusammenwohnen mit den Studenten leben und gestalten die Vorsteher die vita communis des Seminars.
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II. Die drei Dimensionen der Ausbildung

Entsprechend der Rahmenordnung (Nr. 7) gliedert sich der Ausbildungsauftrag des Seminars in folgende drei Dimensionen:
  • Geistliches Leben und menschliche Reifung,
  • Theologische Bildung,
  • Pastorale Befähigung.
So sehr das Lernen und Reifen des Menschen ein lebenslanger Vorgang sind, so ist doch gerade die Seminarzeit für die Ausbildung des Priesters besonders bedeutsam.
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1. Geistliches Leben und menschliche Reifung

Der Priester soll als ein von Gott ergriffener Diener Christi durch persönlichen Glauben überzeugen. Die Zeit der Ausbildung will in einem geistlichen Reifeprozess die Motive des Priesterkandidaten für seinen Berufewunsch klären, immer mehr in einer persönlichen Bindung an Jesus Christus verankern und den Studenten zu einem verantwortlichen geistlichen Leben führen.
Dazu gehören
  • persönliches und gemeinschaftliches Gebet,
  • Mitfeier der heiligen Messe,
  • stille Anbetung und Besuchung,
  • wahrhaftige Gewissenserforschung und Empfang des Bußsakramentes,
  • geistliche Lesung der Heiligen Schrift,
  • Verehrung der Heiligen, vor allem der Gottesmutter Maria.
Dem Wachstum im geistlichen Leben dienen darüber hinaus:
  • Lektüre der großen Lehrer der Kirche,
  • Beschäftigung mit dem Leben der Heiligen,
  • Einübung in die bewährten Gebetstraditionen der Kirche,
  • Nachfolge des Herrn in den erprobten Formen der christlichen Askese.
Das geistliche Leben geschieht im ständigen Zusammenspiel von privatem und gemeinschaftlichem Tun. Deswegen gehört die Bereitschaft zum gegenseitigen Austausch im geistlichen Gespräch und die überzeugte Bejahung christlicher Gemeinschaft ebenso zum geistlichen Leben wie das Suchen der Stille und das geduldige Ausharren vor Gott. Das Bemühen, im persönlichen Leben beiden Dimensionen den notwendigen Raum zu gewähren, erfordert die Bereitschaft, Schwerpunkte zu setzen, zu verzichten und Spannungen auszuhalten.
Zur Praxis des christlichen Glaubens gehört unverzichtbar die sakramentale Begegnung mit Christus. Vor allem durch die Feier des eucharistischen Herrenmahles und die ehrliche, liebende Begegnung mit dem Herrn im Bußsakrament soll der Priesterkandidat immer mehr in diese sakramentale und damit kirchliche Ausprägung des Glaubens hineinwachsen und sich im Mühen um persönliche Heiligung für das öffnen und vorbereiten, was ihm im Sakrament der Kirche geschenkt werden soll.
Weil sich das Seminar als Ort der Herausforderung und der Hilfe versteht, gehören folgende Elemente wesentlich zur geistlichen Ausbildung im Collegium Borromaeum:
  • Tägliche heilige Messe und regelmäßiger Empfang des Bußsakramentes,
  • Stundengebet und Wortgottesdienste in besonderer Beachtung der vom Kirchenjahr naheliegenden Themen und Anliegen,
  • Hinführung zum persönlichen Gebet und zum Umgang mit der Heiligen Schrift,
  • gemeinsame Schriftgespräche und andere Formen des geistlichen Austauschs,
  • regelmäßige geistliche Vorträge (Rekollektionen, Exhorten) und Zeit zur Besinnung am Samstag und Sonntag,
  • Meditationen am Donnerstagabend,
  • feste Zeiten der Stille im ganzen Seminar, in denen die persönliche geistliche Beschäftigung und Auseinandersetzung des einzelnen erwartet und von der Gemeinschaft mitgetragen werden,
  • jährliche Exerzitien in der Kursgemeinschaft (im externen Jahr nach freier Wahl).
Im Vorkurs, im ersten und vierten Kurs bildet der Spiritual Gruppen, in denen er mit den Studenten die Möglichkeiten des persönlichen Vollzugs dieser Formen des geistlichen Lebens bespricht und die besonderen Bedingungen der priesterlichen Lebensform (Zölibat, Leben nach den evangelischen Räten) behandelt. In den anderen Kursen bilden sich derartige Gruppen aus privater Initiative in Absprache mit den Vorstehern. Außerdem wählt sich jeder Priesterkandidat möglichst bald nach Eintritt in das Collegium Borromaeum, spätestens aber bis zum Ende des ersten Studienjahres, einen Priester als geistlichen Begleiter (Mentor), mit dem er regelmäßig seine persönliche Glaubens- und Berufsentscheidung durchspricht und Rechenschaft ablegt über die Entwicklung seines geistlichen Lebens. Im Normalfall wird deswegen der geistliche Begleiter zugleich auch Beichtvater sein. Er soll über die entsprechende Erfahrung in der Hinführung zum geistlichen Beruf verfügen.
Die Anregungen zum geistlichen Leben und die Herausforderungen dazu wollen helfen, im Mühen um das Studium der Theologie sowie im Zusammenleben mit den Mitstudenten und in entsprechendem Kontakt mit der pastoralen Praxis die für den Priesterberuf notwendige menschliche Reife zu erlangen, um eigenständig den priesterlichen Dienst ausüben zu können.
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2. Theologische Bildung

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a) Aufgabe und Ziel des Studiums

Die erste Bildungsphase ist wesentlich geprägt durch das Studium der Theologie. Um seinem Auftrag gerecht zu werden, braucht der Priester eine gründliche theologische Ausbildung (RO 14).
Die Priesterkandidaten studieren an der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, der die wissenschaftliche Ausbildung der künftigen Priester obliegt (s. Art. IX des Badischen Konkordates und Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana“). Das Collegium Borromaeum bietet ergänzende Hilfen und Anregungen zum Studium.
Das Studium der Theologie will eine gründliche Kenntnis der Offenbarung und ihrer Entfaltung in der Lehre der Kirche vermitteln. Es soll dem Studenten helfen, den eigenen Glauben zu vertiefen, die vielfältigen Voraussetzungen und Ansätze für den christlichen Glauben und das religiöse Leben besser kennenzulernen und zu theologisch verantworteter pastoraler Praxis führen. Das Studium ersetzt keineswegs das Bemühen um geistliches Leben und pastorale Befähigung, sondern setzt es voraus und unterstützt es. Durch entsprechende Lehrveranstaltungen im Bereich christliche Spiritualität und vor allem durch das Aufschließen der geistlichen Dimension der Theologie und ihres Bezugs zum christlichen Leben dient es der beruflichen Bildung und menschlichen Reifung des Studierenden.
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b) Aufbau des Studiums

Die wissenschaftliche Ausbildung an der Universität gliedert sich in Grundstudium und Hauptstudium.
Das Grundstudium umfasst vier bzw., sofern noch Lateinkenntnisse zu erwerben sind, sechs Semester. Es soll in die Theologie einführen und die notwendige methodische und fachliche Kenntnis, die Voraussetzung für das Hauptstudium ist, vermitteln.
Dem von der Rahmenordnung geforderten einführenden Theologischen Grundkurs (RO 106 – 108) dienen an der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im ersten Studienjahr die Vorlesungen in den Fächern Theologische Propädeutik, Fundamentalliturgik und Einführung in die Moraltheologie. Die Einführung in die wissenschaftlichen Methoden erfolgt über entsprechende Seminarübungen.
Für das Studium der Theologie ist die Kenntnis der Alten Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch erforderlich (RO 122). Soweit die notwendigen Kenntnisse in diesen Sprachen nicht vor Studienbeginn aufgewiesen werden, müssen sie im Laufe des Grundstudiums vor Abschluss der Theologischen Vorprüfung erworben werden. Studienanfänger ohne Latinum absolvieren in der Regel den Vorkurs, in dem sie neben den Vorlesungen des Theologischen Grundkurses die notwendigen Lateinkenntnisse erwerben. Spätberufene, Absolventen des Vorkurses und Studenten, die während des viersemestrigen Grundstudiums Griechisch aufarbeiten müssen, können anstelle des allgemein vorgesehenen Hebraicums einen Grundkurs in Hebräisch besuchen, der sich über ein Wintersemester erstreckt und mit einer entsprechenden Prüfung abschließt.
Schwerpunkt des Grundstudiums sind die Vorlesungen in den Fächern Philosophie mit Christlicher Religionsphilosophie, Kirchengeschichte mit Patrologie sowie Einleitung (mit biblischen Umwelt- und Zentralthemen) in das Alte und das Neue Testament. Hinzu kommen Lehrveranstaltungen in Religionspädagogik, Oberrheinische Kirchengeschichte, Religionsgeschichte, Christliche Archäologie und Humanwissenschaften (z. B. aus den Lehrveranstaltungen des Arbeitsbereichs Caritaswissenschaften und Christliche Sozialarbeit). Das Grundstudium schließt mit der Theologischen Vorprüfung.
Das Hauptstudium, das das Grundstudium voraussetzt, dauert sechs Semester. Es soll das für den priesterlichen Dienst notwendige theologische Wissen vermitteln und zu pastoraler Praxis hinführen. In den beiden ersten Semestern des Hauptstudiums studieren die Priesterkandidaten in der Regel an einer Theologischen Fakultät außerhalb Freiburgs („Externitas“). Die abschließenden vier Semester werden in Freiburg absolviert.
Das Hauptstudium umfasst die Fächer Fundamentaltheologie, Exegese und Theologie des Alten und Neuen Testaments, Dogmatik, Moraltheologie, Kirchenrecht, Liturgiewissenschaft, Pastoraltheologie, Katechetik, Christliche Gesellschaftslehre sowie Caritaswissenschaft und Christliche Sozialarbeit. Außerdem wählt jeder Student im Verlauf des Hauptstudiums ein Fach, in dem er einen eigenen Schwerpunkt setzt und in der Regel auch seine für die Zulassung zur Hauptprüfung erforderliche Wissenschaftliche Arbeit verfasst.
Das Studium schließt mit der Theologischen Hauptprüfung. Die Theologische Vorprüfung und die Theologische Hauptprüfung sind durch eine eigene Prüfungsordnung geregelt. Der Ablauf des Studiums ist im Studienverlaufsplan festgelegt.
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c) Hilfen des Seminars

Die Gemeinschaft des Collegium Borromaeum bietet vielfältige Anregungen und Gelegenheit, sich mit dem an der Universität vermittelten Stoff der Theologie zu befassen, mit anderen darüber zu sprechen und ihn gemeinsam zu vertiefen. Diesem Ziel dienen Arbeitskreise auf freiwilliger Basis, wozu das Zusammenwohnen im Seminar und die gemeinsamen Prüfungsvorbereitungen gute Voraussetzungen bieten, sowie insbesondere die wöchentlichen Repetitionsstunden der einzelnen Kurse, in denen sich die Studenten – meist in Gruppen – mit einem Repetitor zur Repetition treffen.
Die Repetitionen geben Hilfen zum Einstieg ins Studium und bieten die Möglichkeit, das an der Universität Gehörte miteinander unter der Leitung eines Vorstehers zu klären, zu ergänzen und mit eigenen Fragestellungen und Erfahrungen anderer in Beziehung zu setzen.
Der dreiwöchige Ferienkurs, zu dem sich die Studenten jeweils vor Beginn des zweiten Studienjahres treffen, bietet Gelegenheit, nach einem Jahr auf das Studium zurückzuschauen und nach Hilfen zu vertieftem Zugang zum Studium zu suchen. Dem dient die Beschäftigung mit ausgewählten Themen der biblischen Offenbarung und christlicher Anthropologie, die von ausgewählten Referenten mit Hilfen zum persönlichen Studium dargelegt und entfaltet werden.
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3. Pastorale Befähigung

Die Ausbildung zum pastoralen Dienst erfolgt schwerpunktmäßig in der zweiten Bildungsphase, sie wird jedoch vom Beginn des Studiums an vorbereitet und grundgelegt.
Schon das Zusammenleben im Seminar leistet einen wesentlichen Beitrag zur pastoralen Befähigung, indem es die einzelnen füreinander aufschließt und die Fähigkeit fördert, miteinander über den Glauben zu sprechen, zusammenzuarbeiten und Gemeinschaft zu gestalten.
Darüber hinaus haben folgende Elemente der Ausbildung in besonderer Weise den späteren Dienst des Aufbaus und der Leitung von Gemeinde im Blick.
Einen Schwerpunkt in diesem Ausbildungsbereich bilden die vierwöchigen Praktika in den Semesterferien. Sie sehen im Verlauf des Studiums ein Mindestmaß an praktischen Einsätzen für alle Priesterkandidaten verpflichtend vor:
  • Ein Sozial- oder Industriepraktikum (vor Abschluss der Theologischen Vorprüfung),
  • ein Schulpraktikum (nach der bestandenen Theologischen Vorprüfung, im Zeitraum der Großen Externitas, jedenfalls vor dem 8. Semester),
  • ein Gemeindepraktikum (normalerweise zwischen dem 7. und 8. Semester).
    Dem Gemeindepraktikum geht möglichst die Beauftragung mit dem Lektoren- und Akolythendienst voraus.
Die näheren Einzelheiten der Praktika regeln die „Leitlinien für die Praktika der Priesterkandidaten der Erzdiözese Freiburg“.
Um beim Studium die Fragen und Nöte der Menschen im Blick zu behalten und um sich immer wieder an den Erwartungen zu messen, die an einen künftigen Priester gestellt werden, ist es sinnvoll, auch während des Semesters den Kontakt zur praktischen Arbeit im sozialen und seelsorglichen Bereich zu suchen. Deshalb ist vorgesehen, dass jeder Student in der Zeit des Grundstudiums für mindestens ein Semester in der vom Studium und Hausveranstaltungen freien Zeit einen kontinuierlichen pastoralen oder sozialen Dienst übernimmt, den er in Absprache mit einem Vorsteher selbst auswählt. Um des Austausches und der Reflexion willen empfiehlt es sich, Anschluss an bestehende Gruppen zu suchen oder sich in Gruppen zusammenzuschließen.
Stimmerziehung und Predigtübungen vermitteln Grundkenntnisse und Fähigkeiten im Blick auf den späteren Dienst der Verkündigung. Die gemeinsame Feier der Liturgie, an deren Vorbereitung und Gestaltung die Studenten mitwirken, und die Einführung in die Kirchenmusik machen mit Sinn und Formen gottesdienstliche Feierns vertraut. Predigtübungen sind in jedem Semester vorgesehen. Im 1. und 2. Semester treten an ihre Stelle normalerweise die Stimmerziehung und die Einführung in die Kirchenmusik.
Diese für alle Studenten vorgesehenen Punkte können und sollen vom einzelnen in freier Initiative ergänzt werden, etwa durch: Engagement in der Hausgemeinschaft des Collegium Borromaeum, Mitarbeit in der Heimatgemeinde während der Semesterferien, Mitwirkung bei einem Gemeindewochenende, sozialen und pastoralen Einsatz während des Semesters über das vorgesehene Mindestmaß hinaus.
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III. Lebensordnung des Collegium Borromaeum

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1. Die Gemeinschaft im Collegium Borromaeum

Das Zusammenleben der Studenten des Collegium Borromaeum wird durch drei Ebenen der Gemeinschaft mit je eigener Bedeutung und eigenem Anspruch entscheidend geprägt:
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a) Die Hausgemeinschaft

Die Priesterkandidaten, die im Collegium Borromaeum wohnen, bilden die Hausgemeinschaft. Ihr sind die Studenten des 2. und 4. Kurses, die außerhalb des Hauses in der Kleinen Externitas wohnen, zugeordnet. Sie halten Kontakt zu den Vorstehern des Collegium Borromaeum und nehmen an den für sie vorgesehenen Veranstaltungen des Hauses teil.
Mitte der Hausgemeinschaft ist der Gottesdienst. In ihm erfahren sich alle als Weggemeinschaft derer, die sich bemühen, Christus nachzufolgen.
Die Mahlzeiten, besonders das Mittag- und Abendessen, führen die Hausgemeinschaft täglich zusammen und dienen so auf ihre Weise der Begegnung und dem Aufbau der Gemeinschaft. Auch bei Festen, Feiern und sonstigen besonderen Anlässen erfährt sich das Collegium Borromaeum als Gemeinschaft.
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b) Die Kursgemeinschaft

Die Kursgemeinschaft umfasst die Priesterkandidaten des Collegium Borromaeum, die im gleichen Ausbildungsjahr stehen. Die Kurse werden in erster Linie durch das gemeinsame Studium verbunden. Spiritualitätsgespräche, Repetitionen und Predigtübungen ergänzen und begleiten das Studium und ermöglichen Zusammenarbeit und Kontakte untereinander.
Dem Leben der Kursgemeinschaft möchten die Einführungswoche vor Beginn des Studiums, Ferienkurs und Exerzitien dienen. Das „Hüttenwochenende“ der Kurse während des Semesters bietet Gelegenheit zum besseren Kennenlernen, zum Gespräch über anstehende Fragen sowie zum Austausch bei Geselligkeit und gemeinsamen Unternehmungen.
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c) Die Wohngemeinschaft

Um ein tieferes persönliches Zusammenleben zu ermöglichen, ist das Haus in kleinere Wohneinheiten unterteilt. Diese „Wohngemeinschaften“ umfassen jeweils sieben bis zehn Studenten verschiedener Kurse, die nebeneinander wohnen.
In diesem überschaubaren Rahmen besteht die Möglichkeit und die Aufgabe, miteinander eine geistliche und brüderliche Gemeinschaft aufzubauen.
Feste Zeiten im Leben der Wohngemeinschaften sind die Schriftgespräche, zu denen sie sich zweimal in der Woche treffen, und der gemeinsame Abend, der mit dem Abendessen im Kreis der Wohngemeinschaft beginnt. In wechselndem Turnus bereitet jeweils eine Wohngemeinschaft in Zusammenarbeit mit dem Verantwortlichen für die Liturgie die Gottesdienste einer Woche vor.
Als weitere Möglichkeiten zur Gestaltung des gemeinsamen Lebens haben sich bewährt: Der Gottesdienst mit einem Vorsteher in der Kapelle, Ausflug, soziales Engagement, Besuch kultureller Veranstaltungen, Spiel, Geselligkeit ...
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2. Geistliche Lebensordnung

Die für den Priesterkandidaten grundlegende Dimension des geistlichen Lebens entfaltet sich im Seminar in einer konkreten Lebensordnung.
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a) Die Feier der heiligen Messe

Die Feier der heiligen Messe bildet die Mitte im Leben des Seminars. In ihr kommt in besonderer Weise zum Ausdruck, dass der Herr selbst es ist, der alle zusammenruft, dass alles Arbeiten und Suchen aus seiner Kraft geschieht und in ihm sein Ziel hat.
Dies gilt in erster Linie für den Sonntag, an dem die Hausgemeinschaft als Gemeinde Jesu Christi zusammenkommt, um die Auferstehung ihres Herrn zu feiern und in ihr eigenes Leben ausstrahlen zu lassen. Die Feier des Sonntags schließt mit der gemeinsamen Vesper am Abend.
Im Laufe der Woche wechseln die Zeiten und Formen der Messfeier, um einzelne Aspekte der Feier der Eucharistie deutlicher hervorzuheben und Erfahrungen mit verschiedenen Gottesdienstzeiten zu sammeln. Sonntag und Samstag beginnen mit der heiligen Messe am Morgen. Zur Mitte des Tages versammelt die Feier der Messe am Dienstag und Freitag die Gemeinschaft des Hauses. Am Mittwoch kann der einzelne zwischen beiden Tageszeiten wählen. Die Abendmesse am Montag im Münster und der Meditationsgottesdienst am Donnerstag wollen den Tag in der Feier der Eucharistie vor Gott zusammenfassen.
Die Messe am Donnerstagabend, die als Meditationsgottesdienst gestaltet ist und zu der in der Regel ein Priester aus Freiburg eingeladen wird, möchte über die Theologen des Collegium Borromaeum hinaus auch andere Freiburger Studenten zu Besinnung und Gebet anregen. Im Anschluss an den Gottesdienst ist in der Kirche Gelegenheit zur eucharistischen Anbetung und zum Empfang des Bußsakramentes. Die Stille im Haus will dem einzelnen die betrachtende und betende Vertiefung des Gehörten ermöglichen. In der Mitwirkung bei der Gestaltung von Pontifikal- und Kapitelsgottesdiensten im Münster (Schola, Akolythendienst) zeigt sich die Verbindung mit dem Erzbischof und dem Presbyterium der Erzdiözese.
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b) Die Gestaltung von Samstag und Sonntag

Samstagabend und Sonntagvormittag sind besondere Zeiten der Begegnung mit Gott. Ein geistlicher Vortrag (Exhorte) am Samstagabend entfaltet einen Schwerpunkt des Glaubens oder des priesterlichen Lebens; anschließend sind alle zur eucharistischen Anbetung und zur gemeinsam gesungenen Komplet eingeladen. Der Abend ist durch die Stille als geistliche Zeit gekennzeichnet.
Die Mitte des Sonntagsvormittags ist die Feier des Gottesdienstes in der Hausgemeinschaft. Sie führt die gläubige Besinnung des einzelnen und die Anliegen des Seminars im gemeinsamen Lob und Dank zusammen.
Ein Gesprächskreis nach dem Gottesdienst bietet sich an als Ort, um das in Exhorte, Betrachtung und Predigt Angeregte mit anderen auszutauschen.
In besonderer Weise bietet die Rekollektio Gelegenheit zur Besinnung und Einkehr. Der geistliche Vortrag am späten Samstagnachmittag steht am Beginn, es folgt bis zum Mittagessen am darauffolgenden Sonntag eine Zeit der Stille (silentium religiosum). Die monatliche Wiederkehr der Rekollektio enthält die Chance zur Rückschau, zur Überprüfung des Lebensstiles und zur Reflexion des Verhältnisses zu Gott. Es ist sinnvoll, den Schritt der persönlichen Umkehr und den Empfang des Bußsakramentes auch zeitlich an den Rekollektionen zu orientieren. Die Anbetung am Samstagabend und die Liturgie des Sonntagsgottesdienstes betonen den gemeinschaftlichen Aspekt der Buße und des Neuanfangs im Glauben.
Einmal im Monat bleiben Samstag und Sonntag von Veranstaltungen der Hausgemeinschaft frei, so dass die Kontakte zu Familie, Bekannten und Heimatgemeinde aufrechterhalten werden können und kleine Gruppen, etwa die Wohngemeinschaften, die Möglichkeit zu gemeinsamen Unternehmungen haben.
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c) Schriftgespräche

Zum geistlichen Leben gehört wesentlich auch das Gespräch über den Glauben. Deshalb kommen die Mitglieder der Wohngemeinschaften zweimal in der Woche (Dienstag und Freitag) zum Schriftgespräch zusammen.
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d) Weitere Möglichkeiten

Es entspricht dem geistlichen Leben, dass es sich nicht auf ein verpflichtendes Mindestmaß beschränkt, sondern von sich aus nach weiteren Ausdrucksformen sucht.
Die gemeinsame Feier des Stundengebets verbindet die Hausgemeinschaft mit dem Gotteslob der ganzen Kirche. Neben der feierlichen Sonntagsvesper ist jeder auch während der Woche vor dem Abendessen zur Vesper in der Kapelle eingeladen.
Als freie Initiativen haben sich die gemeinsam gebetete Laudes und auch die eucharistische Anbetung in der Kapelle zum Abschluss des Tages bewährt. Für private und gemeinsame geistliche Übungen steht auch der Meditationsraum zur Verfügung.
Einen wichtigen Beitrag zum persönlichen geistlichen Leben und dem der Hausgemeinschaft leistet der einzelne auch, wenn er immer wieder vor Gott sein Gewissen prüft und in angemessenen Abständen das Sakrament der Versöhnung empfängt.
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3. Mitverantwortung für das gemeinsame Leben

„Für das gemeinsame Leben tragen alle, die zum Seminar gehören, Verantwortung. Seminarleitung und Studenten haben auf je spezifische Weise daran teil. Dabei geht es um ein fruchtbares Zusammenarbeiten und darum, dass die Studenten lernen, Mitverantwortung zu praktizieren.“ (RO 57)
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a) Haus-, Kurs- und Wohngemeinschaftssprecher

Hausgemeinschaft, Kurse und Wohngemeinschaften wählen ihre Sprecher. Diese tragen zusammen mit den Vorstehern Verantwortung für das gemeinsame Leben.
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b) Hausforum

Seminarleitung und Studentenvertreter bilden zusammen das Hausforum. Ihm gehören die Vorsteher, der Haussprecher, der stellvertretende Haussprecher, die Wohngemeinschaftssprecher sowie die Kurssprecher als stimmberechtigte Mitglieder an. Aufgaben des Forums sind insbesondere:
  • In Fragen, die das Zusammenleben der Theologen betreffen, beratend und beschließend mitzuwirken,
  • für die Durchführung beschlossener Maßnahmen zu sorgen,
  • die Arbeit des Haussprechers und der Hausleitung mitzutragen,
  • die Arbeit in den Wohngemeinschaften anzuregen, den Erfahrungsaustausch zwischen den Wohngemeinschaften zu fördern und, soweit notwendig, zwischen den Wohngemeinschaften zu vermitteln,
  • im Einvernehmen mit dem Haussprecher Sorge zu tragen, dass die Mitverantwortung der Theologen des Collegium Borromaeum in Studentenschaft und Katholischer Hochschulgemeinde, oder wo es sonst angebracht bzw. erforderlich ist, ausreichend wahlgenommen wird,
  • die Kommunität regelmäßig über seine Arbeit zu informieren.
Das Hausforum kann Beschlüsse nur einvernehmlich mit dem Direktor fassen.
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c) Semesterplanungskonferenz

Auf der Semesterplanungskonferenz legen die Leitung des Collegium Borromaeum und Vertreter der Studenten die längerfristige Planung und die Gestaltung des kommenden Semesters in gemeinsamer Beratung einvernehmlich fest. Mitglieder der Semesterplanungskonferenz sind:
  • die Vorsteher,
  • der Haussprecher und der stellvertretende Haussprecher,
  • die Kurssprecher des Vorkurses und der Kurse I, II, IV und V – im Verhinderungsfall ihre Vertreter,
  • je ein weiteres vom Kurs bestimmtes Mitglied der Kurse I, II, IV, V,
  • der Verantwortliche für die Liturgie.
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d) Hausvollversammlung

Wenigstens einmal im Semester, zu Semesterbeginn, wird eine Hausvollversammlung einberufen, damit der Haussprecher über die Ergebnisse der Semesterplanungskonferenz informieren kann.
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IV. Der Weg des Priesterkandidaten

Wer in das Collegium Borromaeum eintritt, beginnt einen Weg, der ihn zur reifen Entscheidung für den Priesterberuf führen soll. Dieser Weg kennt verschiedene Stufen und Situationen besonderer Herausforderung und Entscheidungen.
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1. Einführung in Studium und Leben des Priesterkandidaten

Für die neuen Mitglieder des Vorkurses und des ersten Kurses wird in der Woche vor Studienbeginn eine Einführung über mehrere Tage gestaltet, damit sie sich leichter im Universitätsleben und im Leben des Hauses zurechtfinden.
Diese Einführung bietet Gelegenheit, die eigenen Kurskollegen und die Vorsteher, das Collegium Borromaeum und die Universität näher kennenzulernen und Fragen der Lebens- und Studienordnung zu klären.
Die Zeit der Ausbildung erfordert eine besondere geistliche Begleitung. Die Einführung in das geistliche Leben erfolgt thematisch durch den Spiritual in wöchentlichen Gesprächsgruppen. Hilfen zum Einstieg in das Studium und zum theologischen Gespräch geben die Repetitoren. Von Seiten der Universität dient vor allem der Theologische Grundkurs diesem Anliegen.
Jeweils vor Beginn des zweiten Studienjahres findet am Ende der Semesterferien der dreiwöchige Ferienkurs statt. Seine seit vielen Jahren bewährte Struktur enthält Elemente der menschlichen Begegnung, der Anregung zum Studium und der geistlichen Erneuerung. Neben den jeweiligen Referenten begleiten der für die ersten beiden Studienjahre zuständige Repetitor und der Spiritual den Ferienkurs. Der Direktor bespricht in einer eigenen Arbeitseinheit Elemente des Priesterberufes und der priesterlichen Lebensform (Berufskonferenz).
In der dritten Woche schließen sich ebenfalls für alle Mitglieder des Kurses die vom Spiritual geleiteten Exerzitien an.
Sinn des Ferienkurses ist die gemeinsame und persönliche Aufarbeitung von bisher im Seminarleben gemachten Erfahrungen, zugleich ein intensiveres gegenseitiges Kennenlernen innerhalb der Kursgemeinschaft sowie das Angebot von neuen Orientierungen zum geistlichen Leben, zum Studium und zur Berufsentscheidung.
Die jährlichen Exerzitien dienen der geistlichen Vertiefung und der Neuorientierung auf die Nachfolge des Herrn. Sie regen zu innerer Einkehr, Besinnung auf die persönliche Situation vor Gott, zu Umkehr und Neuentscheidung an. Sie werden nach dem ersten Studienjahr zum Abschluss des Ferienkurses vom Spiritual gehalten. Im externen Jahr wählt jeder Student seine Exerzitien selbst. Für den vierten und fünften Kurs finden sie jeweils in der Gemeinschaft des Kurses statt.
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2. Leben außerhalb des Seminars

In den beiden Semestern nach der Theologischen Vorprüfung studiert der Priesterkandidat in der Regel an einer auswärtigen Katholischen Theologischen Fakultät im europäischen Raum (einschließlich Jerusalem; „Große Externitas“, vgl. RO 29). Bei der Wahl des Studienortes ist darauf zu achten, dass das Lehrangebot der dortigen Hochschule den Anforderungen der Freiburger Studienordnung entspricht. Wird eine Hochschule im Ausland gewählt, so müssen die notwendigen Kenntnisse der entsprechenden Landessprache nachgewiesen werden. Den Studienort für das externe Jahr wählt der Student nach Rücksprache und im Einvernehmen mit dem Direktor des Collegium Borromaeum.
Während der Großen Externitas wohnt der Student normalerweise in einer privaten Unterkunft. Er lernt so die normalen Bedingungen des studentischen Lebens kennen und steht vor der Aufgabe, auf dem Hintergrund seiner bisherigen Erfahrungen seinen Lebensstil selbständig weiterzuentwickeln, wie es seiner Identität als Priesterkandidat entspricht. Mit dem Wiedereintritt in das Collegium Borromaeum nach dem externen Jahr bringt der Student die bewusste Entscheidung zum Ausdruck, das Studium mit dem Ziel, Priester zu werden, fortzusetzen.
Für den Weg und die persönliche Entscheidung des einzelnen kann es sinnvoll sein, auch unabhängig von der Großen Externitas für eine begrenzte Zeit außerhalb des Collegium Borromaeum zu wohnen. Darum ist es möglich – und es kann sich auch im Einzelfall als geboten erweisen –, dass Priesterkandidaten im Einvernehmen mit dem Direktor im zweiten Kurs außerhalb des Seminars in der Stadt Freiburg wohnen („Kleine Externitas“). Damit bietet sich die Gelegenheit, die zuvor im Seminar gewonnene Erfahrung und eingeübte Lebensform in einem eigenständigen Lebensbereich zu erproben und für sich zu überprüfen. Soweit dafür Interesse besteht und die Voraussetzungen gegeben sind, kann es sich empfehlen, die Kleine Externitas in Form der vita communis mit einem Gemeindepfarrer oder als Gruppe in Verbindung mit einem Seelsorger zu gestalten (RO 30).
Die Kleine Externitas ist ein Bestandteil der Ausbildung im Collegium Borromaeum. Die Studenten der Kleinen Externitas nehmen daher an den Semesteröffnungs- und Semesterschlusskonferenzen, an den Rekollektionen, den Repetitionen, den Predigtübungen und den Hüttenwochenenden ihres Kurses teil. Darüber hinaus bilden die Externen Gruppen, in denen sie sich zusammen mit einem Vorsteher alle zwei Wochen zum Schriftgespräch treffen. Zu allen sonstigen Veranstaltungen und Unternehmungen der Hausgemeinschaft und ihres Kurses sind sie eingeladen. Im Einzelfall kann ein Student in Absprache mit dem Direktor unmittelbar nach der Großen Exernitas noch für ein Semester außerhalb des Hauses in Freiburg wohnen. In diesem Fall gelten die gleichen Verpflichtungen wie in der Kleinen Externitas.
Zur Klärung der Berufsfrage ist eine Beurlaubung in der Regel bis zu einem Jahr möglich. Die Initiative dazu kann vom Studenten oder von der Seminarleitung ausgehen. Dabei kann sich ein sozialer Einsatz oder längeres Praktikum (z. B. pflegerische Dienste, Industrie- oder Gemeindepraktikum) empfehlen (RO 59).
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3. Stufen der Entscheidung

Im Laufe der Ausbildung stellt sich die Frage der Entscheidung für den weiteren Weg besonders an bestimmten Knotenpunkten (vgl. RO 61 f.). Dazu gehören der Ferienkurs vor Beginn des zweiten Studienjahres, der Schritt in die Große Externitas und die Rückkehr nach der Externitas in das Seminar sowie der Abschluss des Studiums. In ganz eigener Weise ist ein betonter Schritt der Entscheidung zum Priesterberuf verbunden mit der Beauftragung mit dem Lektorendienst und dem Akolythendienst.
Der Lektoren- und Akolythendienst führen den Studenten durch die Beauftragung mit der öffentlichen Verkündigung des Wortes Gottes im Gottesdienst und mit der Austeilung der Kommunion ein in zwei wichtige Bereiche des priesterlichen Dienstes. Diese Beauftragung setzt eine überlegte Entscheidung voraus, dem Priesterberuf klar entgegenzugehen mit dem Ziel, zum Abschluss des Studiums die endgültige Entscheidung treffen zu können. Durch das Ja im Gottesdienst vor dem Bischof wird dieser Schritt aus dem Bereich des Privaten herausgenommen und zum Bekenntnis vor der Kirche.
Die Beauftragung mit dem Lektoren- und Akolythendienst ist für die Zeit nach der Großen Externitas vorgesehen. Sie kann dem einzelnen Priesterkandidaten auf seinen Antrag hin und im Einvernehmen mit dem Direktor zu Beginn des vierten oder auch zu Beginn des fünften Kurses erteilt werden. Sie soll wenigstens ein Jahr vor der Aufnahme in das Priesterseminar empfangen werden.
Im Hinblick auf die Einübung in den Predigtdienst erteilt der Erzbischof dem Kandidaten mit der Beauftragung zum Lektorendienst zugleich die Erlaubnis, unter Verantwortung des Direktors im Einzelfall im Gottesdienst zu predigen.
Der Beauftragung mit dem Lektoren- und Akolythendienst geht ein Gespräch des einzelnen Kandidaten mit dem Erzbischof voraus. Die Beauftragung mit dem Lektoren- und Akolythendienst erlischt mit dem Ausscheiden als Kandidat des priesterlichen Dienstes.
Das Ausscheiden aus dem Seminar aufgrund persönlicher Entscheidung ist jederzeit möglich. Aus schwerwiegenden Gründen kann eine Entlassung aus dem Seminar erfolgen. Bei einer Entlassung hat der Student das Recht, vom Erzbischof gehört zu werden. Die Entlassung wird durch den Erzbischof nach Anhören der Seminarleitung ausgesprochen bzw. bestätigt (RO 60).
Die Ausbildung der ersten Bildungsphase schließt mit der Theologischen Hauptprüfung. Sie hat das Ziel, den Priesterkandidaten für die Aufnahme ins Priesterseminar St. Peter zu qualifizieren und ihn zur Entscheidung dazu zu befähigen. Die Entscheidung über die Aufnahme des Studenten in das Priesterseminar trifft der Erzbischof auf der Grundlage des Votums der Vorsteher des Forum externums im Skrutinium gegen Ende des Studiums.
Falls ein Kandidat oder die Vorsteher vor der endgültigen Entscheidung bzw. vor dem Eintritt in das Priesterseminar eine Zeit der praktischen Einübung und Tätigkeit für angebracht halten, kann nach Abschluss des Studiums ein „Gemeindejahr“ absolviert werden. In diesem Jahr wohnt er in einem eigens ausgewählten Pfarrhaus und arbeitet im seelsorglichen Dienst der Pfarrei mit, wofür er auch eine entsprechende Praktikumsvergütung erhält. Das Gemeindejahr hat das Ziel, den Priesterkandidaten durch pastorale Tätigkeit und persönliche Erfahrung in der Gemeinde zur vollen Entscheidung für den Priesterberuf zu befähigen und für die Aufnahme ins Priesterseminar weiter zu qualifizieren.
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V. Andere Ausbildungswege für Kandidaten des priesterlichen Dienstes der Erzdiözese Freiburg

Für Kandidaten, die aufgrund ihrer menschlichen und geistlichen Reife sowie ihrer pastoralen Befähigung für den Priesterberuf geeignet sind, aber nicht die Voraussetzungen für das Studium an der Universität besitzen, besteht die Möglichkeit, auf einem der drei folgenden Wege die Bildung für den Priesterberuf zu erlangen.
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1. Katholische Universität Eichstätt

Abiturienten mit fachgebundener Hochschulreife können ihre Ausbildung an der Katholischen Universität Eichstätt absolvieren. Sie beginnen dort ihr Studium in dem der Universität eingegliederten Fachhochschulbereich und wechseln nach der Zwischenprüfung an den Fachbereich Theologie der Universität über, wo sie das Studium mit dem Theologischen Diplom abschließen. Während der Zeit ihres Studiums an der Universität wohnen die Priesterkandidaten im Priesterseminar der Diözese Eichstätt.
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2. Studienhaus St. Lambert Burg Lantershofen

Das Studienhaus St. Lambert ist eine Einrichtung des Dritten Bildungsweges. Es steht Kandidaten des Diakonats und des priesterlichen Dienstes offen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen und das 24. Lebensjahr vollendet haben. In einer Ausbildungszeit von vier Jahren (=12 Trimester) führt es zu einem theologischen Abschluss, der für den Dienst des Diakons und Priesters qualifiziert. Zwischen Schlussexamen und Aufnahme ins Priesterseminar ist ein längerer pastoraler Einsatz im Sinne des Gemeindejahres in einer Gemeinde der Erzdiözese zu absolvieren.
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3. Studienhaus Stift Heiligenkreuz

Kandidaten im Alter zwischen 20 und 24 Jahren mit abgeschlossener Berufsausbildung können im Studienhaus Stift Heiligenkreuz (Österreich) ihre theologische und geistliche Ausbildung erhalten. Das Studium an dem der Hochschule Heiligenkreuz angegliederten Studienhaus dauert 6 Jahre (12 Semester). Die ersten vier Semester, in denen auch allgemeinbildender Stoff vermittelt wird, gelten als Probesemester. Der Aufnahme ins Priesterseminar geht ein Gemeindejahr voraus.
Über die Aufnahme unter die Kandidaten des priesterlichen Dienstes der Erzdiözese und den konkreten Ausbildungsweg entscheidet das Erzbischöfliche Ordinariat auf Vorschlag des Direktors des Collegium Borromaeum. Studierende im Studienhaus St. Lambert absolvieren während ihrer Ausbildung ein Trimester als Praktikum in einer Gemeinde. Für Studenten, die ihre Ausbildung in Eichstätt und Heiligenkreuz erhalten, sind die gleichen Praktika und sonstigen Kurse verpflichtend wie für die Studenten des Collegium Borromaeum.
Die Priesterkandidaten der Erzdiözese, die auf einem dieser Wege ihre Ausbildung erhalten, unterstehen der Verantwortung des Direktors des Collegium Borromaeum. Er hält mit ihnen regelmäßigen Kontakt und steht in ständiger Verbindung mit den jeweiligen Verantwortlichen für die dortige Ausbildung.
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Zweiter Teil: Die zweite Bildungsphase: Hinführung zur Priesterweihe und Einführung in Leben und Dienst des Priesters

Die zweite Bildungsphase umfasst die Hinführung zur Diakonen- und Priesterweihe und die Einführung in Leben und Dienst des Diakons und Priesters. Sie beginnt mit der Aufnahme ins Priesterseminar St. Peter und endet mit der Prüfung für das Pfarramt.
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I. Stufe: Von der Aufnahme in das Priesterseminar bis zur Priesterweihe

„Ziel dieser Stufe ist die unmittelbare Vorbereitung auf Diakonatsweihe und Priesterweihe sowie auf den diakonalen und den priesterlichen Dienst und die entsprechende Lebensform. Gleichgewichtige Schwerpunkte dieser Stufe sind Leben und Ausbildung im Priesterseminar sowie praktischer Einsatz bei dazu befähigten Pfarrern bzw. Mentoren.“ (RO 132)
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1. Sinn des Priesterseminars als Pastoralseminar

Das Priesterseminar in St. Peter ist das Pastoralseminar der Erzdiözese Freiburg. Es wird nach zwei Grundlinien bestimmt.
  1. In der unmittelbaren Hinführung zur Diakonen- und Priesterweihe geht es um die Vermittlung pastoraler Kenntnisse und Fähigkeiten, die von der unmittelbaren Erfahrung der Praxis begleitet ist. Die Verzahnung von theologischer Reflexion und praktischem Vollzug gehört zur Grundstruktur des Pastoralseminars.
  2. Dieses Bemühen muss von der Erkenntnis getragen sein, dass priesterlicher Dienst umso wirksamer sein wird, je mehr er durch die eigene Existenz des Priesters glaubwürdig ist. Das solide Wissen um den Glauben und die Glaubensvermittlung muss von einem Leben aus dem Glauben getragen sein. Das Priesterseminar selbst bildet so eine Lebensgemeinschaft, die sich vom Geist Jesu Christi prägen und führen lässt und dadurch zu einer christlichen Gemeinde in einem spezifischen Sinne wird (vgl. RO 45).
Priesterlicher Dienst ist darauf ausgerichtet, an der Einheit und Auferbauung der Gemeinde durch Wort, Sakrament und Leitung mitzuwirken und zugleich mit dem gesamten Presbyterium in mitbrüderlicher Gemeinschaft verbunden zu sein. Auch von daher ist es notwendig, dass der Priesterkandidat sich während dieser Ausbildungsphase in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft mit den anderen Priesterkandidaten befindet. Die Seminargemeinschaft ermöglicht gegenseitige Hilfe zur menschlichen Reifung und zur Glaubenserfahrung und -vertiefung. Die Gemeinschaft in Gebet, Gottesdienstfeier und täglichem Leben des Seminars soll ferner dazu dienen, das Hineinwachsen in das Presbyterium vorzubereiten und zu fördern. So sollen die Priesterkandidaten „angeleitet werden, Christus zu suchen: in der gewissenhaften Meditation des Gotteswortes, in der aktiven Teilnahme an den heiligen Geheimnissen der Kirche, vor allem in der Eucharistie und im Stundengebet, im Bischof, der ihnen die Sendung gibt, und in den Menschen, zu denen sie gesandt werden, vor allem in den Armen, den Kindern und den Kranken, den Sündern und Ungläubigen“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über die Ausbildung der Priester „Optatam totius“ Nr. 8).
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2. Voraussetzungen für die Aufnahme ins Priesterseminar

Die Entscheidung über die Aufnahme ins Priesterseminar trifft der Erzbischof. Voraussetzungen dafür sind ein entsprechendes geistliches Leben und die notwendige menschliche Reife, der Nachweis der erforderlichen theologischen Bildung sowie die dem Stand der Ausbildung entsprechende pastorale Befähigung.
Die theologische Bildung wird in der Regel durch den erfolgreichen Abschluss des Theologiestudiums an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg nachgewiesen. Priesterkandidaten mit einem theologischen Abschlussexamen des Dritten Bildungsweges (Studienhaus St. Lambert Burg Lantershofen, Studienhaus Stift Heiligenkreuz) absolvieren vor der Aufnahme ins Priesterseminar ein Pastoralpraktikum von mehrmonatiger Dauer in einer Pfarrgemeinde der Erzdiözese Freiburg.
Über weitere Zugangswege zum Priesterseminar entscheidet der Erzbischof.
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3. Ziel und zeitliche Gliederung der Seminarausbildung

Die Zielsetzung der Seminarausbildung besteht in der unmittelbaren Vorbereitung auf die Diakonen- und Priesterweihe. Die getroffene Entscheidung für den Priesterberuf soll vertieft werden. Die Vorbereitung auf den diakonalen und priesterlichen Dienst und die entsprechende Lebensform soll weitergeführt werden und zur selbständigen Übernahme des priesterlichen Dienstes befähigen (vgl. RO 130).
Nach den Jahren des überwiegend wissenschaftlich-theoretischen Theologiestudiums steht die lernende Einübung in seelsorgliche Vollzüge im Vordergrund (vgl. CIC can. 255). Dabei sollen vor allem die Umsetzung und Anwendung der theologischen Kenntnisse in die seelsorgliche Praxis und in die spezifische pastorale Situation der Diözese geleistet werden. Die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen ist deshalb notwendig und verbindlich. Das gemeinsame geistliche Tun ist durchgängiger und integrierender Bestandteil der Ausbildung dieser Phase. Hinzu kommt das vertiefende und ergänzende Einzelstudium.
Die Ausbildungszeit des Priesterseminars gliedert sich in
  • vier Monate des Studiums und der Vorbereitung auf die Diakonenweihe im Priesterseminar (September bis Dezember): Diakonatskurs,
  • zwölf Monate Diakonatspraktikum in einer Pfarrgemeinde der Erzdiözese (Januar bis Dezember): Diakonatsjahr,
  • fünf Monate des Studiums, der Reflexion der während des Diakonatsjahres gemachten Erfahrungen und der unmittelbaren Vorbereitung auf die Priesterweihe (Januar bis Mai): Presbyteratskurs.
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4. Lebensordnung des Priesterseminars

Der jeweilige Diakonats- bzw. Presbyteratskurs bildet zusammen mit den Vorstehern des Priesterseminars eine Lebensgemeinschaft. Die Zusammengehörigkeit im Pastoralseminar findet in einer zweifachen Gegebenheit Ausdruck und Stütze: Zum einen ist in der Regel der Ort der Pastoralausbildung im Priesterseminar identisch mit dem Ort des gemeinsamen Lebens; zum anderen nehmen die Vorsteher des Priesterseminars zugleich die Aufgabe eines Dozenten für einen pastoralen Fachbereich wahr. Dazu kommt, dass durch die überschaubare Zahl der Priesterkandidaten sich unmittelbar zahlreiche Kontakte und Beziehungen ergeben
  • in den Lehrveranstaltungen,
  • während der gemeinsamen Mahlzeiten,
  • bei vorbereitenden Gesprächen zum Gottesdienst, anlässlich von Predigten, zu den Lehrveranstaltungen,
  • bei gemeinsamen Runden (Gesprächskreisen) und sonstigen Unternehmungen.
So durchdringen sich Lebensgemeinschaft, geistliche Gemeinschaft und Arbeitsgemeinschaft im Priesterseminar wechselseitig und verbinden sich eng miteinander. Sie bilden ein Netz von unterschiedlichen und vielfaltigen Begegnungsmöglichkeiten, die christliche Gemeinde in einem spezifischen Sinn möglich machen.
Zur geistlichen Lebensordnung im Priesterseminar gehört an erster Stelle die tägliche Feier der heiligen Messe. In der Regel feiern die Seminaristen die Eucharistie zusammen mit der Pfarrgemeinde von St. Peter. Sie übernehmen dabei die Gestaltung der Gottesdienste und den Predigtdienst am Sonntag. Dadurch entsteht eine Zusammengehörigkeit zwischen der Pfarrgemeinde von St. Peter und der Seminargemeinschaft, die ihre Mitte in der Feier der heiligen Geheimnisse hat.
Einen besonderen Schwerpunkt im geistlichen Leben des Seminars stellt die Feier des Sonntags dar. Wie in jeder christlichen Gemeinde die Feier des Herrentages ihre eigene Ausprägung haben soll, so gilt dies auch für die Gestaltung des Sonntags in der Gemeinschaft des Priesterseminars. Ihren spezifischen Ausdruck findet so die Gestalt des Sonntags in der Seminargemeinschaft
  • durch die gesungene erste Vesper vom Sonntag,
  • durch einen geistlichen Vortrag (Exhorte) am Samstagabend,
  • durch die an die Exhorte sich anschließende eucharistische Anbetung mit der Komplet als Abschluss,
  • durch die Laudes am Sonntagmorgen,
  • durch die Eucharistiefeier zusammen mit der Pfarrgemeinde von St. Peter,
  • durch einen zu bestimmten Zeiten des Kirchenjahres stattfindenden Gesprächskreis zur Predigt, zu dem die Angehörigen der Pfarrgemeinde eingeladen werden,
  • durch das gemeinsame Mahl am Sonntagmittag.
Da die Zeitspanne des Diakonats- bzw. Presbyteratskurses relativ kurz ist, gilt diese Gestaltung des Herrentages in der Regel für jeden Samstag/Sonntag, die in diese Zeit fallen.
Zur Feier des Stundengebetes (Laudes und Vesper) versammelt sich die Seminargemeinschaft regelmäßig in der Hauskapelle. Was mit dem Empfang der Diakonenweihe als verpflichtender Dienst übernommen wird, dieses Gebet für die Kirche und für die ganze Welt zu verrichten, das wird während des Diakonatskurses bereits eingeübt und während des Presbyteratskurses als übernommene Verpflichtung gemeinsam vollzogen.
Zu einem geistlichen Gespräch treffen sich die Seminaristen regelmäßig in Gruppen zusammen mit dem Spiritual des Priesterseminars. Ein solches Gespräch findet einmal in der Woche statt. Diese Gesprächsrunde dient dazu, sich über die Erfahrung im Glauben auszutauschen und zusammen mit dem Spiritual und den Teilnehmern der Gruppe über priesterliche Existenz und Spiritualität nachzudenken.
In freier Initiative bilden sich Kreise, die die Praxis des Schriftgesprächs weiterführen, mit der die Seminaristen während der Zeit im Collegium Borromaeum vertraut gemacht worden sind.
Gemeinsames Leben kann nur gelingen, wenn alle, die zu einer solchen Lebensgemeinschaft gehören, in je spezifischer Weise dafür auch Verantwortung tragen. So gehört zur Lebensordnung in der Seminargemeinschaft die Mitverantwortung des Seminaristen notwendig dazu. Zu Beginn des Diakonats- bzw. Presbyteratskurses wählt die Kursgemeinschaft ihren Sprecher. Ebenso wählt der Kurs für die verschiedenen Dienste und Aufgaben, die in der Hausgemeinschaft anfallen, die entsprechenden Seminaristen. In Absprache zwischen den Vorstehern und dem Kurssprecher bzw. den für die jeweiligen Aufgaben Verantwortlichen werden anstehende Fragen besprochen und geklärt.
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5. Diakonatskurs

Der Diakonatskurs beginnt mit einer Einführungswoche in Sinn und Gestalt des Priesterseminars sowie in Ziel und Inhalte der Pastoralausbildung; diese Woche wird durch die liturgische Feier der Aufnahme unter die Kandidaten für Diakonat und Presbyterat abgeschlossen. Der Diakonatskurs endet mit der Diakonenweihe am 3. bzw. 4. Adventssonntag in der Seminar- und Pfarrkirche zu St. Peter.
Der Diakonatskurs hat seinen Sinn in der Ausrichtung und Konzentration auf die bevorstehende endgültige Entscheidung zum Empfang der Diakonenweihe, auf die Vertiefung der geistlichen Vollzüge und auf die praxisorientierte Grundlegung wichtiger seelsorglicher Dienste. Schwerpunkte des geistlichen Lebens sind vor allem
  • die regelmäßigen Gesprächskreise mit dem Spiritual,
  • die durch Gottesdienste, Exhorte, gemeinsames und persönliches Gebet und Stille geprägte Feier des Herrentages während des gesamten Diakonatskurses,
  • das gemeinsam verrichtete Stundengebet.
Schwerpunkte der Studienzeit sind
  • die homiletischen Lehrveranstaltungen und Übungen, die wenigstens zwei Predigten einschließen,
  • das vierwöchige Schulpraktikum, das von religionspädagogischen Unterrichtseinheiten begleitet wird,
  • der erste Teil der Sakramentenpastoral (Taufe und Firmung),
  • verschiedene gottesdienstliche und gemeindliche Dienste des Diakons,
  • eine Werkwoche unter der Thematik „Seelsorgliches Gespräch“,
  • Übungen in Sprecherziehung und liturgischem Singen.
Unmittelbar vor der Diakonenweihe bereiten sich die Semiaristen in achttägigen Exerzitien, die in der Regel vom Spiritual des Priesterseminars gehalten werden, auf den Empfang der Weihe vor.
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6. Diakonatsjahr

Das Diakonatsjahr umfassft die Zeit von Anfang Januar bis Ende Dezember des Kalenderjahres nach der Diakonenweihe. Es wird in einer Pfarrei der Erzdiözese absolviert. Die Diakonatspfarrei wird auf Vorschlag des Regens vom Erzbischöflichen Ordinariat bestimmt.
Das Diakonatsjahr ist integrierender Teil der Pastoralausbildung der Priesterkandidaten. Im Einzelfall kann der Erzbischof davon dispensieren, wenn der Betreffende nach dem Abschluss des Theologiestudiums an der Universität ein Gemeindepraktikum von einem Jahr („Gemeindejahr“) in einer Pfarrgemeinde absolviert hat.
Im Diakonatsjahr soll der Diakon die verschiedenen seelsorglichen Aufgaben aus unmittelbarer Erfahrung kennenlernen. Er soll in möglichst viele Kreise und Arbeitsfelder einer Pfarrgemeinde Einblick nehmen und in einigen Bereichen nach Weisung des Pfarrers und in Absprache mit ihm zunehmend mitverantwortlich arbeiten. Zu den Tätigkeitsbereichen des Diakons gehören
  • die regelmäßige Predigt,
  • Religionsunterricht in der Schule (ungefähr 6 Stunden pro Woche) unter der fachkundigen Begleitung eines Mentors,
  • Mitarbeit in der Gemeindekatechese,
  • die Vorbereitung des Gottesdienstes und der Dienst des Diakons beim Gottesdienst,
  • die Sakramentenpastoral (Spendung des Taufsakraments und Taufgespräche, die Feier der Krankenkommunion),
  • Krankenpastoral (Krankenbesuche),
  • Trauerpastoral (Begräbnis und Begleitung der Trauernden),
  • Jugend- und Ministrantenarbeit,
  • caritative Dienste.
Die Diakone treffen sich wöchentlich in Gruppen für die Dauer eines Nachmittags. Diese Treffen dienen dem brüderlichen Austausch, der Reflexion der Erfahrungen und der inhaltlichen Vertiefung der Arbeit, unterstützt durch die Vorsteher des Priesterseminars bzw. durch jeweils eingeladene Fachleute.
Während des Diakonatsjahres findet jeweils im Frühjahr und im Herbst eine Werkwoche im Priesterseminar statt. Die Thematik der beiden Werkwochen wird in Absprache mit den Diakonen festgelegt. Sie dient der Praxisbegleitung und der Erarbeitung einzelner pastoraler Aufgabenfelder.
Die Diakonatspfarrer werden vor Beginn des Diakonatsjahres zu einem einführenden Gespräch in das Priesterseminar eingeladen. Nach Beendigung des Diakonatsjahres werden sie gebeten, ein schriftliches Gutachten über den Einsatz des Diakons zu geben. Die Diakone selbst verfassen einen Bericht über das Diakonatsjahr; dabei sollen die verschiedenen Tätigkeiten während des Praktikums dargestellt und der gesamte Einsatz reflektiert werden.
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7. Presbyteratskurs

Der Presbyteratskurs umfasst die Zeit von Anfang Januar bis Ende Mai. Zu Beginn dieses Kurses werden die im Diakonatsjahr gemachten Erfahrungen ausgewertet. Die Aufarbeitung von Fragen und Problemen, die sich während des praktischen Einsatzes auf dem Gebiet der Pastoral und im persönlich-spirituellen Bereich gestellt haben, geschieht im Verlauf des gesamten Presbyteratskurses. Es ist ferner das Ziel des Presbyteratskurses, die Fähigkeiten zum spezifisch priesterlichen Dienst zu vermitteln. Insgesamt bietet die Zeitspanne zwischen dem ersten längeren Einsatz in der Seelsorge und der Priesterweihe die Chance geistlicher Sammlung, der theoretisch-reflektierten Vertiefung der in der Pastoral gesammelten Erfahrungen sowie des persönlichen Studiums offener Fragen.
Das geistliche Leben während des Presbyteratskurses ist durch folgende Akzente bestimmt:
  • Regelmäßige Gesprächskreise mit dem Spiritual,
  • durch Gottesdienst, Exhorte, gemeinsames und persönliches Gebet und Stille geprägte Feier des Herrentages,
  • gemeinsam verrichtetes Stundengebet,
  • Besinnungstage zu Beginn der Karwoche,
  • Teilnahme an der Feier der Kar- und Ostertage mit dem Erzbischof im Münster zu Freiburg.
Die Lehrveranstaltungen befassen sich mit folgenden Themenbereichen:
  • Reflexion und Vertiefung der homiletischen Praxis,
  • zweiter Teil der Sakramentenpastoral (Eucharistie, Buße, Krankensalbung und Ehe),
  • Ritus der heiligen Messe,
  • Einübung der priesterlichen Gesänge,
  • Zielgruppenpastoral (Jugend, Ehe und Familie, Arbeitnehmer),
  • Fragen des Eherechts,
  • dreiwöchiges Praktikum im Bereich der Gesprächsführung und Krankenpastoral.
Hinzukommen im Bereich der Verkündigung wenigstens eine Predigt und der Dienst als Diakon während der Gottesdienste in St. Peter und während der Kapitelsgottesdienste in Freiburg.
Gegen Ende des Presbyteratskurses findet ein Kolloquium statt, das prüfungsähnlichen Charakter hat. An dem Kolloquium nehmen jeweils vier bis fünf Diakone und die Vorsteher des Priesterseminars teil in Anwesenheit eines oder mehrerer Beauftragter des Erzbischöflichen Ordinariates. Das Kolloquium umfasst ungefähr eine Stunde. Gegenstand des Kolloquium sind Fragen aus dem Bereich der Sakramentenpastoral. Ferner wählt jeder Diakon nach Rücksprache mit dem Regens ein von ihm zu bearbeitendes, pastorales Thema aus. Dabei sollen die konkrete Erfahrung während des Diakonatsjahres einbezogen und entsprechende Schritte und Methoden der Pastoral berücksichtigt werden.
Der Presbyteratskurs schließt mit der Priesterweihe, zu der die Weiheexerzitien, die in der Regel vom Spiritual gehalten werden, unmittelbar hinführen. Die Priesterweihe wird in der Regel am Sonntag nach dem Fest Christi Himmelfahrt im Münster zu Freiburg erteilt. Wird einer Gruppe von Diakonen die Priesterweihe außerhalb der Bischofsstadt gespendet, dann geschieht dies normalerweise am Samstag vor dem Weihetermin in Freiburg.
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II. Stufe: Berufseinführung: Von der Priesterweihe bis zur Prüfung für das Pfarramt

Ziel der berufseinführenden Phase ist „die Einübung in die priesterlichen Grunddienste sowie die Befähigung zu einem persönlich verantworteten und geistlich vollzogenen selbständigen Dienst“ (RO 140).
Für das künftige Leben und Wirken des jungen Priesters ist es von entscheidender Bedeutung, dass er in der Ausübung seines Dienstes zu einer grundsätzlichen Übereinstimmung zwischen seinem Beruf und seinem persönlichen Glaubensleben findet und lernt, unter dem Anspruch der vielfältigen seelsorglichen Aufgaben den Kontakt mit der Theologie aufrechtzuerhalten und sich auf die Übernahme des Pfarramtes vorzubereiten (RO 141 – 143). Dazu bedarf der Vikar der kontinuierlichen Begleitung.
Die Verantwortung für diese berufseinführende Phase wie auch die Planung und Durchführung der Fortbildungsmaßnahmen liegen beim Erzbischöflichen Ordinariat.
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1. Einführung in den priesterlichen Dienst und Praxisbegleitung

Der Neupriester beginnt seinen Dienst als Vikar in einer Pfarrgemeinde. In enger Zusammenarbeit mit dem Pfarrer wächst er in die Grunddienste des Priesters hinein und erhält zugleich einen Überblick über die verschiedenen pastoralen Felder der jeweiligen Pfarrei. Er lebt mit dem Pfarrer in der Wohngemeinschaft des Pfarrhauses zusammen. Deshalb ist der zuständige Pfarrer primär Träger der Berufseinführung. Er tauscht sich regelmäßig aus mit dem Vikar, begleitet ihn und weist ihn in seine Aufgaben ein. Vom Referenten für die Priesterfortbildung in der Erzdiözese erhält er entsprechende Anregungen und Hilfen.
Für die Berufseinführung sind ferner regelmäßige Besprechungen mit allen Mitarbeitern im pastoralen Dienst unverzichtbar. Solche Dienstgespräche sollen auf der Ebene der Pfarrgemeinde und des Pfarrverbandes erfolgen.
Die Vikare können sich zudem an vom Bischof bestellte Mentoren wenden, um in einem Beratungsgespräch ihre seelsorgliche Praxis tiefer zu reflektieren.
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2. Fortbildungsmaßnahmen

  1. Im Jahr der Priesterweihe treffen sich die Neupriester zu einem eintägigen Konveniat. Es dient einem intensiven Erfahrungsaustausch. Außerdem werden die Aufgaben der Priesterfortbildung für die Berufseinführung erläutert.
  2. Die Vikare nehmen ab dem ersten Dienstjahr an der Frühjahrs- und Herbstkonferenz ihrer Dekanate teil.
  3. Jeweils im Frühjahr werden die Priester der vier letzten Weihejahrgänge zu zwei- bis dreitägigen pastoralen Studientagen zusammengerufen. Thematisch stehen pastoralpraktische Fragen im Vordergrund. Gleichzeitig geht es um die Praxisreflexion und geistlichen Erfahrungsaustausch. Die Thematik wird mit den Teilnehmern abgesprochen.
  4. Im ersten, zweiten und dritten Jahr nach der Priesterweihe werden die Priester jeweils im Herbst zum Triennalexamen einberufen. Dabei wird ein Thema aus dem Bereich der Theologie oder Spiritualität behandelt. Für die Hinführung zum Thema wird ein ausgewähltes Buch rechtzeitig zur Pflichtlektüre bestimmt. Die Teilnehmer legen eine im Laufe des Jahres gehaltene, schriftlich ausgearbeitete Predigt vor.
    Die Tage beginnen mit einem Kolloquium, das Prüfungscharakter hat, zum Thema des Buches. Daran schließt sich ein mehrtägiges Seminar an. Es dient der pastoralen und spirituellen Weiterführung des Themas. Im Rahmen des Seminars ist auch ein Gespräch mit dem Bischof vorgesehen. Darüber hinaus ist Gelegenheit zur persönlichen Begegnung, zur Praxisreflexion und zum Erfahrungsaustausch gegeben.
    Beim Triennalexamen, das gleichzeitig als Kuraexamen gilt, wird die Beichtjurisdiktion jeweils für ein Jahr verlängert.
  5. Die Priester, die schon vor dem Pfarrexamenskurs zum Pfarradministrator bestellt werden, können alternativ zu den pastoralen Studientagen an einem jeweils im Frühjahr veranstalteten Pfarrverwaltungskurs teilnehmen. Themen sind hier die kirchliche Pfarr-, Vermögens- und Finanzverwaltung sowie Fragen aus dem kirchlichen Arbeitsrecht. Ein ganzer Tag dient der Einführung in Aufgaben der Leitung und Verwaltung einer Pfarrgemeinde.
Alle hier aufgeführten Maßnahmen sind wichtige Bestandteile der Einführung in den Dienst des Priesters und daher verpflichtend.
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3. Exerzitien und Geistliche Tage

Nach Möglichkeit nehmen die jüngeren Priester an eigens für sie ausgeschriebenen Exerzitien teil. Im vierten Dienstjahr wird der jeweilige Weihejahrgang zu gemeinsamen Exerzitien eingeladen.
Die Geistlichen Tage in den Dekanaten sind eine gute Gelegenheit, sich mit Grundfragen der priesterlichen Spiritualität zu befassen und dabei aus der Begegnung mit den älteren und erfahreneren Mitbrüdern zu lernen.
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4. Kurstreffen

Die Kurstreffen sollen so gestaltet werden, dass sie neben der persönlichen Begegnung auch der geistlichen und theologisch-pastoralen Fortbildung dienlich sind. Die Initiativen für solche Treffen liegen bei den Kursen.
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5. Prüfung für das Pfarramt

Mit dem Pfarrexamen schließt die zweite Bildungsphase ab. In der Regel wird es im 5. Dienstjahr abgelegt. „Ziel der Prüfung ist der Eignungsnachweis zur Übernahme eines Pfarramtes“. (RO 145)
  1. Die Prüfungsteilnehmer fertigen eine schriftliche Zulassungsarbeit an im Umfang von 15 – 20 Schreibmaschinenseiten über eines der im Amtsblatt rechtzeitig im Frühjahr bekanntgegebenen Themen. Es werden jeweils zwei Themen gestellt. Ein Thema ist im Wechsel der Exegese, der Dogmatik, der Moraltheologie und der Liturgik entnommen. Das zweite Thema bezieht sich auf die Reflexion der pastoralen Praxis. Die termingerechte Vorlage der Arbeit ist Voraussetzung für das Bestehen der Prüfung.
  2. Die Prüfungsteilnehmer legen zum Zeitpunkt der mündlichen Prüfung eine schriftlich ausgearbeitete, im Laufe des Jahres gehaltene Predigt vor.
  3. Im August oder September jeden Jahres wird ein 14tägiger Pfarrexamenskurs durchgeführt, der Bestandteil der Prüfung für das Pfarramt und als solcher verpflichtend ist. Der Kurs dient der theologischen und pastoralen Einführung in das Pfarramt. Gleichzeitig soll er die Erarbeitung der für die mündliche Prüfung benannten Sachgebiete unterstützen. Darüber hinaus können aktuelle theologische und pastorale Fragen aufgegriffen werden. Wichtiger Bestandteil des Kurses ist ein Gespräch mit dem Bischof.
  4. Die mündliche Prüfung erfolgt im November. Sie umfasst die jeweils im Amtsblatt veröffentlichten Sachgebiete aus dem Bereich der Dogmatik, der Moraltheologie und des Kirchenrechts.
    Über die gesamte Prüfung wird ein Zeugnis ausgestellt. Nach der Ablegung des Examens wird die Beichtjurisdiktion unbefristet verlängert.
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Dritter Teil: Die dritte Bildungsphase: Fortbildung

Die dritte Bildungsphase beginnt nach dem Pfarrexamen. „Sie umfasst das ganze weitere Leben des Priesters, insofern es einer fortdauernden Bildung und einer Weiterbildung für neu zu übernehmende Aufgaben bedarf. (RO 146) Die „Rahmenordnung für die Priesterbildung“ weist den Diözesen die Aufgabe zu, „auch für die dritte Phase ein verbindliches Mindestprogramm der Fortbildung und Weiterbildung festzulegen“ (RO 165).
In der vorliegenden Ordnung sind bisherige Erfahrungen und bewährte Formen der Fortbildung der Erzdiözese Freiburg zusammengefasst. Sie gilt für das gesamte Presbyterium, einschließlich der Priester in der Ausländerseelsorge.
Die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen zeigen Schwerpunkte der Priesterfortbildung auf. Je nach den Erfordernissen in der Pastoral werden noch andere, ergänzende Kurse notwendig sein.
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I. Aufgaben und Ziel der Fort- und Weiterbildung

Aufgabe der Fortbildung der Priester in der dritten Phase ist es, „die ihnen geschenkten und in den ersten beiden Bildungsphasen grundgelegten menschlichen, geistlichen und beruflichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und so ihre priesterliche Persönlichkeit zu entfalten“ (RO 151).
Alle Fortbildungsmaßnahmen wollen über das jeweils genannte Ziel hinaus zum privaten Studium der Priester anregen. Dieses ist Voraussetzung für eine qualifizierte Bildungsarbeit.
Für alle Maßnahmen gilt, dass das geistliche Leben und die menschliche Reifung, die theologische Bildung wie auch die pastorale Befähigung sich gegenseitig durchdringen und ergänzen.
Die Vermittlung von theoretischen Erkenntnissen und Einsichten genügt nicht. Es bedarf immer wieder auch der praktischen Einübung in den Erfahrungsaustausch, in das Gespräch und in die mitbrüderliche Gemeinschaft. Die gemeinsame Feier von Gottesdiensten und das gemeinsam verrichtete Stundengebet sind dabei unverzichtbare Elemente. In der gegenwärtigen Situation gilt insbesondere der Hinweis der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland: „Je höher die Belastung, desto dringender braucht es Zeiten der Ruhe und Besinnung. Reflexion und Meditation gehören an die erste Stelle des pastoralen Prioritätenkatalogs.“ (Pastorale Dienste; RO 152)
Im Interesse einer qualifizierten pastoralen Arbeit ist es für die Priester unerlässlich, die ihnen für die Fortbildung eingeräumten Möglichkeiten wahrzunehmen. Konkret bedeutet dies, wenigstens alle drei Jahre einen mehrtägigen Kurs zu besuchen.
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II. Verantwortung und Ordnung in der Fort- und Weiterbildung

Die Verantwortung für diese Bildungsphase liegt beim Erzbischöflichen Ordinariat. In der Regel nimmt es auch die Planung und Durchführung der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wahr.
Das Institut für Pastorale Bildung der Erzdiözese Freiburg wird mit der Durchführung einzelner Kurse, insbesondere von Intervallkursen, beauftragt.
Das Erzbischöfliche Seelsorgeamt, wie auch andere Einrichtungen und Verbände der Diözese laden im Rahmen ihrer Zielsetzung Priester zu ihren Veranstaltungen ein. Im Interesse einer übersichtlichen Planung sprechen sie ihre Vorhaben mit dem Erzbischöflichen Ordinariat rechtzeitig ab.
Aufgrund ihres Auftrags sind die Dekane und die Regionaldekane in ihrem Bereich um die Fortbildung der Priester bemüht. Sie halten Kontakt mit ihnen und führen Besprechungen und Einkehrtage durch. Mehrtägige Kurse werden mit Rücksicht auf eine unerlässliche Koordinierung aller Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen in der Erzdiözese in Absprache und – wo es sich nahelegt – in Kooperation mit dem Erzbischöflichen Ordinariat geplant und durchgeführt.
Die Veranstaltungen des TPI in Mainz beziehen sich vorwiegend auf die Fort- und Weiterbildung der Priester im Bereich der Zielgruppenpastoral und der Ausbildung für besondere Aufgaben. Sie werden durch ein eigenes Programm bekanntgegeben.
Die Geistlichen Gemeinschaften veranstalten für die Priester, die ihnen angehören, entsprechend ihrer eigenen Zielsetzung insbesondere geistliche Kurse. So leisten sie auf ihre Weise einen wertvollen Beitrag zur geistlichen Formung der Priester.
Bei den einzelnen Fortbildungsangeboten ist zu unterscheiden zwischen Veranstaltungen, die für den priesterlichen Dienst erforderlich sind und eigens angeordnet werden, und Veranstaltungen, die für den priesterlichen Dienst als förderlich anerkannt werden, aber keinen verpflichtenden Charakter haben. Die näheren Bestimmungen sind in den Richtlinien zur Regelung der Fort- und Weiterbildung für hauptamtliche Mitarbeiter in der Erzdiözese dargelegt.
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III. Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung

Für die Fortbildung der Priester gibt es unterschiedliche Ansätze.
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1. Maßnahmen im Rahmen der allgemeinen Pastoral

  1. Die Frühjahrskonferenz der Priester eines Kapitels befasst sich ganztägig mit einem vom Erzbischöflichen Ordinariat gestellten Thema. In der Regel werden Fragen des priesterlichen Dienstes und Lebens behandelt. Über den Verlauf der Konferenz wird ein Protokoll erstellt, das zusammen mit den Referaten dem Erzbischöflichen Ordinariat vorgelegt wird. Dieses lässt als Antwort darauf den Dekanen einen schriftlichen Bescheid zukommen.
  2. Die Herbstkonferenz ist die Pastoralkonferenz des Dekanates. An ihr nehmen die Priester, Diakone und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen im pastoralen Dienst teil. Sie befasst sich ganztägig mit einem grundlegenden Thema der Pastoral, das jeweils vom Erzbischöflichen Ordinariat gestellt wird.
    In den auf das Pfarrexamen folgenden Jahren erstellen die Priester – bis zum 15. Dienstjahr – zum Thema der Herbstkonferenz eine schriftliche Arbeit, die sie auch gemeinsam in einer Gruppe vorbereiten können. Zusammen mit dem Protokoll über den Verlauf der Konferenz werden die Arbeiten dem Erzbischöflichen Ordinariat vorgelegt, das als Antwort darauf den Dekanen einen schriftlichen Bescheid zukommen lässt.
    Zur Teilnahme an der Frühjahrs- und Herbstkonferenz sind alle im aktiven Dienst stehenden Priester verpflichtet.
  3. Im Rahmen des Kontaktstudiums werden Themen aus verschiedenen Disziplinen der Theologie behandelt. Zudem werden für Vorträge beim Dies eines Dekanates Themen aus der Theologie mit Professoren, insbesondere der Theologischen Fakultät Freiburg, vereinbart und den Dekanen zur Behandlung vorgeschlagen.
  4. Im Turnus von zwei bis drei Jahren werden in den Dekanaten zweitägige Klausurtage durchgeführt, bei denen es in der Regel um die Reflexion der seelsorglichen Praxis und Orientierungen für das geistliche Leben, wie auch um die Vertiefung der Kontakte und Beziehungen der Priester untereinander geht. Eine Übersicht über neuere Veröffentlichung zur Theologie, Pastoral und Spiritualität will überdies zum privaten Studium anregen. Diese Tagungen werden vom Erzbischöflichen Ordinariat in Zusammenarbeit mit den Dekanaten und Regionen geplant und durchgeführt. Je nach den Verhältnissen können sich auch zwei oder mehrere Dekanate zusammenschließen.
    Diese Maßnahmen stellen einen Schwerpunkt innerhalb der Fortbildungsarbeit dar. Sie werden bewusst „nah am Ort der pastoralen Praxis durchgeführt“, „damit die Probleme von allen Betroffenen gemeinsam studiert und gelöst werden können“ (RO 155).
  5. Auf regionaler Ebene finden – zusammen mit den anderen pastoralen Diensten – nach Absprache mit dem Regionaldekan Pastoraltagungen statt. Sie befassen sich vornehmlich mit Themen aus der aktuellen öffentlichen Diskussion in Kirche und Gesellschaft und dem Bereich der theologischen Forschung. Sie wollen dem Priester Anregung geben, neue Fragestellungen in die Verkündigung und Pastoral mit aufzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
  6. Im Interesse einer intensiven Beschäftigung mit einem Thema der Pastoral und der seelsorglichen Praxis werden nach Vereinbarung mit den zuständigen Regionaldekanen Intervallkurse durchgeführt. „Für tiefer reichende Reflexion der eigenen Praxis, wirksame Korrektur der inneren Einstellung und Einübung neuer Verhaltensweisen sind länger dauernde Kurse notwendig.“ (RO 155) In der Regel führt sie im Auftrag des Erzbischöflichen Ordinariates das Institut für Pastorale Bildung in Zusammenarbeit mit den Regionaldekanen durch.
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2. Veranstaltungen auf Kursebene

  1. Im 10., 15. und 20. Dienstjahr werden Weihejahrgänge zu einem Theologischen Aufbaukurs einberufen. In Absprache mit dem betreffenden Kurs wird die Gesamtthematik aus dem Bereich der Theologie, Pastoral und Spiritualität festgelegt. Die vorrangige Bedeutung dieser Kurse liegt in der intensiven Besinnung auf den priesterlichen Dienst: im Austausch der priesterlichen und pastoralen Erfahrungen, im Studium der Theologie, in der Vertiefung des geistlichen Lebens und in der Erfahrung mitbrüderlicher Gemeinschaft. Die Teilnahme an diesen Theologischen Aufbaukursen ist verpflichtend.
  2. Die jährlich regelmäßigen oder auch nur gelegentlichen Treffen der Kurse, wie auch die Jubiläumstreffen in späteren Jahren, erfolgen aufgrund eigener Initiative der Kurse. Der mitbrüderliche Kontakt, der Erfahrungsaustausch und die geistliche Besinnung auf das gemeinsam empfangene Sakrament der Weihe haben gerade bei diesen Treffen ihren besonderen Platz.
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3. Fort- und Weiterbildung für besondere Aufgaben

  1. Priester, die vor einer neuen Aufgabe stehen, sollten Gelegenheit haben, sich darauf vorzubereiten. Nach Absprache mit dem Erzbischöflichen Ordinariat nehmen sie an einer für sie zutreffenden Maßnahme teil.
  2. Zur besseren Qualifizierung für die seelsorgliche Begleitung und pastorale Kooperation mit den Mitarbeitern/innen veranstaltet das Institut für Pastorale Bildung in Zusammenarbeit mit dem TPI in Mainz regelmäßig Intervallkurse.
  3. Aufbauend auf diesen Kursen werden je nach Notwendigkeit aus der Sicht der Personalplanung geeignete Priester in Form einer Weiterbildungsmaßnahme zu Praxisbegleitern ausgebildet, um den Mitbrüdern und Mitarbeitern im pastoralen Dienst in besonderen beruflichen und persönlichen Anliegen beratend helfen zu können.
  4. Eine unerlässliche Aufgabe der Fort- und Weiterbildung ist die Befähigung der Priester zur geistlichen Führung bei Gesprächen und Besinnungstagen und zur geistlichen Begleitung von Mitarbeitern im kirchlichen Dienst.
  5. Für die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben, den Umgang mit den Mitarbeitern/innen und die bessere Bewältigung der Büro- und Verwaltungsarbeit werden durch den Kurs „Pastoral im Alltag“ praktische und geistliche Orientierungshilfen gegeben.
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4. Priester im Ruhestand

Eine große Hilfe für die Priester im Ruhestand ist es, dass sie nach ihren Möglichkeiten und Kräften von den jüngeren Mitbrüdern in die Seelsorge miteinbezogen werden. „Die brüderliche Gemeinschaft eines Presbyteriums zeigt sich darin, wie die Mitbrüder, die in Bistum, Region, Dekanat und Pfarrei Verantwortung tragen, mit den alten Priestern Gemeinschaft halten, ihnen beim Übergang in die neue Lebensform behilflich sind und sie gerade in Krankheit und Altersnöten nicht allein lassen.“ (RO 160)
Im Rahmen des Altenwerkes der Erzdiözese werden regelmäßig Exerzitien und Vortragsveranstaltungen eigens für sie angeboten. Dazu werden vom Referat Priesterfortbildung Referenten mit Themen vorgeschlagen.
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IV. Anregungen für das geistliche Leben

Das geistliche Leben des Priesters steht nicht neben seinem seelsorglichen Einsatz, sondern ist seine Mitte. Pastoraler Dienst und persönliche Frömmigkeit, Gebet und Alltag bilden eine innere Einheit. Gerade deshalb braucht der Priester auch Zeiten der Besinnung und geistlichen Erneuerung.
So werden unter anderem die Dekane und Regionaldekane immer wieder Geistliche Tage (Klausurtage) oder Geistliche Besinnungen veranstalten, wie sie in manchen Dekanaten von der CMS her üblich sind.
Die regelmäßige Teilnahme an Exerzitien gehört zum Grundbestand geistlicher Erneuerung für die Priester. Was das Zweite Vatikanische Konzil für den Dienst des Priesters besonders fordert, vermag in diesen Tagen zu wachsen oder wieder neu lebendig zu werden: seine innere Bereitschaft, nicht den eigenen Willen zu suchen, sondern den Willen dessen, der ihn gesandt hat (vgl. Presbyterium ordinis, Nr. 15). Rechtzeitig werden verschiedene Exerzitienkurse angekündigt. Es obliegt vor allem dem Dekan, seine Mitbrüder darauf aufmerksam zu machen.
Alle drei Jahre ist die Teilnahme an Exerzitien für jeden Priester verpflichtend.
Die Bedeutung der Fort- und Weiterbildung erwächst aus dem Auftrag, der den Priestern in dieser Zeit zuteil geworden ist. „Glaube und Berufung des Priesters, die in ihrer Fülle und Tiefe nie voll erfasst sind, wie auch die pastorale Notwendigkeit lassen es nicht zu, dass der Priester in irgendeiner Lebensphase allein auf bereits erworbene Einsichten, Kenntnisse und Fähigkeiten zurückgreift. Deshalb muss er sich in seinem ganzen Leben um eine umfassende Fortbildung bemühen.“ (RO 147)
„Es genügt nicht“, sagt Papst Johannes Paul II., „bei dem stehenzubleiben, was wir einmal im Seminar gelernt haben, selbst wenn wir damals auf Universitätsniveau studiert haben,... Dieser Prozess der geistigen Bildung muss das ganze Leben hindurch weitergehen, zumal in der heutigen Zeit, die – wenigstens in vielen Gegenden der Welt – durch einen allgemeinen Fortschritt im öffentlichen Schulwesen und in der Kultur gekennzeichnet ist. Für die Menschen, denen die erfreulichen Auswirkungen dieser Entwicklung zugutekommen, müssen wir Zeugen Jesu Christi mit entsprechender Qualifikation sein“ (aus dem Schreiben an die Priester zum Gründonnerstag 1979).
Diese Ordnung tritt mit Wirkung vom 1. Dezember 1985 in Kraft.