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Hinweise zu den Änderungen des Codex` Iuris Canonici im Tauf- und Kirchenzugehörigkeitsrecht sowie im Eherecht durch das Motu proprio „De Concordia inter Codices“ vom 31. Mai 2016

vom 7. Dezember 2016

(ABl. 2016, S. 448)

Mit dem Motu proprio „De Concordia inter Codices“ hat Papst Franziskus einige Normen des Codex Iuris Canonici (CIC) an den für die katholischen Ostkirchen geltenden Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) angepasst. Dabei beließ er es nicht nur bei der Harmonisierung von Rechtsbegriffen. Es ergaben sich für die lateinische Kirche auch inhaltliche Änderungen, die für die pastorale Praxis von Bedeutung sind, da die Anzahl der Christen aus dem Orient in unserem Land stark gestiegen ist.
Die größte Kirche eigenen Rechtes innerhalb der katholischen Kirche ist die sogenannte lateinische oder römischkatholische Kirche. Weit über 90 Prozent gehören ihr an. Daneben gibt es aber eine Vielzahl von kleinen Ecclesiae sui iuris (z. B. die ukrainisch-katholische Kirche, die chaldäische Kirche, die maronitische Kirche usw.). Neben der römisch-katholischen Kirche hat nur die ukrainisch-katholische Kirche eine eigene Hierarchie in Deutschland. Für die Gläubigen aller anderen orientalisch-katholischen Kirchen eigenen Rechtes nehmen die lateinischen Bischöfe die Hirtensorge für diese Gläubigen wahr (vgl. Dekret der Ostkirchenkongregation vom 30. November 1994, in: ABl. 1995 S. 45).
Die Änderungen des Motu Proprio betreffen das Taufrecht bzw. das Recht der Kirchenzugehörigkeit sowie das Eherecht. Die Stellenverweise auf Canones des CIC beziehen sich vor allem auf die durch das Motu Proprio „De Concordia inter Codices“ geänderten bzw. ergänzten Canones. Der lateinische Text des Motu proprio findet sich auf der Internetseite des Vatikan (www.vatican.va). Eine offizielle deutsche Übersetzung liegt noch nicht vor.
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A. Taufrecht und die damit verbundene Zuschreibung
zu einer Kirche eigenen Rechtes

Mit der Taufe wird ein Kind oder ein erwachsener Taufbewerber in die katholische Kirche aufgenommen und damit einer der über zwanzig katholischen Kirchen eigenen Rechtes zugeschrieben.
  1. Die innerkatholische Zugehörigkeit eines Kindes unter 14 Jahren, das zur Taufe gebracht wird, richtet sich nach der Kirche eigenen Rechtes, zu der die Eltern gehören. Gehören die Eltern eines Kindes unterschiedlichen katholischen Kirchen eigenen Rechtes an, so haben sie einvernehmlich festzulegen, zu welcher Kirche eigenen Rechtes ihr Kind gehören soll.
    Äußern die Eltern keinen gemeinsamen Wunsch, gehört es von Rechts wegen zu der Kirche eigenen Rechtes, zu der der Vater des Kindes gehört (can. 111 § 1 CIC).
    Wenn nur ein Elternteil katholisch ist, gehört das Kind zu der Kirche eigenen Rechtes, zu der der katholische Elternteil gehört (can. 111 § 2 CIC). Diese Norm kommt nur dann zur Anwendung, wenn ein solches Elternpaar sein Kind katholisch taufen lässt. Für die vorgängige Entscheidung, ob das Kind katholisch oder in der Konfession des anderen Elternteiles getauft wird, bleibt die Rechtslage unverändert. Das heißt, der katholische Elternteil ist verpflichtet, auf eine katholische Taufe seines Kindes hinzuwirken, muss aber dabei auch die Gewissensentscheidung des anderen Elternteils einbeziehen (vgl. Ökum. Direktorium [= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhles, Heft 110], Nr. 151).
    Ist der Taufbewerber 14 Jahre oder älter, kann er frei wählen, zu welcher Kirche eigenen Rechtes er gehören möchte (can. 111 § 3).
  2. Nach der Taufe ist der Wechsel zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes nur schwer möglich. Er bedarf grundsätzlich der Erlaubnis des Apostolischen Stuhles (can. 112 § 1, n. 1 CIC).
    Dieser Grundsatz gilt nur in nachfolgend aufgezählten Fällen nicht. Das heißt: Keiner Zustimmung des Apostolischen Stuhles bedarf der Wechsel zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes,
    1. wenn eine Ehe zwei Katholiken unterschiedlicher Kirchen eigenen Rechtes verbindet. Dann gilt:
      • Wenn der Mann der römisch-katholischen Kirche angehört und die Frau einer orientalisch-katholischen Kirche, so kann bei Eingehen oder während des Bestandes der Ehe der Mann zur orientalischen Kirche seiner Frau oder die Frau zu der römisch-katholischen Kirche des Mannes wechseln (can. 112 § 1, n. 2 CIC bzw. can. 33 CCEO).
      • Gehört der Ehemann einer orientalisch-katholischen Kirche an, während die Frau der römisch-katholischen Kirche angehört, so hat nur die römisch-katholische Frau die Möglichkeit, zur orientalisch-katholischen Kirche eigenen Rechtes ihres Mannes zu wechseln – beim Eingehen und während der ganzen Dauer der Ehe (ebd.)
      In beiden Fällen gilt, dass der Partner, der die Kirchenzugehörigkeit gewechselt hat, nach Auflösen der Ehe, zum Beispiel durch Tod, zur ursprünglichen Kirche zurückkehren kann.
    2. wenn Kinder unter 14 Jahren den rechtmäßigen Wechsel eines Elternteils zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes mitvollziehen. Nach Erreichen des 14. Lebensjahres können die Kinder zu der Kirche eigenen Rechtes zurückkehren, in die hinein sie getauft wurden (can. 112 § 1 n. 3 CIC bzw. can. 34 CCEO).
Jeder Wechsel zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes erlangt Rechtskraft, sobald er vor dem Ortsordinarius oder dem eigenen Pfarrer der aufnehmenden Kirche eigenen Rechtes erfolgt oder vor einem Priester, der von dem Ortsordinarius oder dem eigenen Pfarrer delegiert wurde. Außerdem sind zwei Zeugen hinzuzuziehen. Legt das Reskript des Apostolischen Stuhles, durch das der Wechsel zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes erlaubt wird, anderes fest, so hat die Regelung des Reskriptes Vorrang (can. 112 § 3 CIC, cann. 36 und 37 CCEO).
Der Wechsel zu einer anderen Kirche eigenen Rechtes ist immer in das Taufbuch einzutragen (ebd.; vgl. can. 535 § 2 CIC).
3.
Neu ist im lateinischen Kirchenrecht die Regelung des can. 681 § 5 CCEO, die sich nun im can. 868 § 3 CIC wiederfindet. Danach wird ein Kind nichtkatholischer Christen von einem römisch-katholischen Geistlichen erlaubt in die nichtkatholische Kirche oder kirchliche Gemeinschaft getauft, wenn die Eltern oder wenigstens ein Elternteil oder der, der rechtmäßig an die Stelle der Eltern getreten ist, darum bitten und es ihnen physisch oder moralisch unmöglich ist, einen eigenen Amtsträger anzugehen.
Diese Norm regelt gewissermaßen die „ökumenische Amtshilfe“. Danach ist es jetzt zum Beispiel möglich, dass ein römisch-katholischer Priester ein Kind von Eltern tauft, die einer kleineren Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft angehören, die keine Hierarchie in Deutschland hat – ohne dass das Kind danach der katholischen Kirche angehört. Zwei Voraussetzungen müssen vorliegen:
  • Die Eltern müssen von sich aus darum bitten. Die Taufe ist ihnen nicht aktiv anzutragen, da dies als Einmischung in die Angelegenheiten der anderen Kirche bzw. kirchlichen Gemeinschaft aufgefasst werden könnte.
  • Die zweite Voraussetzung besteht darin, dass es den Eltern physisch oder moralisch unmöglich ist, einen Amtsträger der eigenen Kirche zu erreichen. Damit dürften in der Regel die großen orthodoxen Gemeinschaften wie die russisch-orthodoxe Kirche und selbstverständlich die evangelischen kirchlichen Gemeinschaften nicht unter diese Norm fallen. Im Falle der „ökumenischen Amtshilfe“ bei orthodoxen Christen ist überdies darauf zu achten, dass diese Taufe und Firmung in einer Feier spenden, auch bereits bei Kleinkindern (vgl. can. 691 § 3 CCEO). Deshalb muss diese Taufen ein Priester vornehmen.
Die Vornahme einer Taufe nach can. 868 § 3 CIC muss vom Leitenden Pfarrer der Seelsorgeeinheit des Wohnortes beim Erzbischöflichen Offizialat beantragt werden.
Soll das Kind zweier nichtkatholischer Eltern katholisch getauft werden, ist vorzugehen wie bisher; es hat sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert (vgl. Die Feier der Kindertaufe. Pastorale Einführung, Nr. 13 [Arbeitshilfen, Heft 220; hrsg. von der DBK]).
Unverändert zu beachten ist ferner das staatliche Gesetz zur religiösen Kindererziehung.
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B. Änderungen im Eherecht

  1. Einer Eheschließung zwischen Partnern, die beide einer orientalisch-katholischen Kirche eigenen Rechtes angehören, und bei Eheschließungen zwischen einem römisch-katholischen Partner und einem Partner, der einer orientalischen katholischen Kirche oder einer nicht-katholischen orientalischen Kirche angehört, kann gültig nur ein Priester assistieren (can. 1108 § 3 CIC, vgl.: cann. 1111 § 1 und 1112 § 1 CIC). Der Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass die ostkirchliche Tradition – sowohl katholischer als auch orthodoxer und altorientalischer Prägung – keine Trauvollmacht für Diakone kennt.
  2. In den Fällen, für die der CIC eine Noteheschließung vorsieht, kann der Ortsordinarius jedem katholischen Priester die Befugnis verleihen, auch die kirchliche Eheschließung zweier nichtkatholischer Orientalen vorzunehmen (can. 1116 § 3 CIC, vgl. can. 833 CCEO).
Auch hier gilt: Das Paar muss von sich aus darum bitten; der Priester muss prüfen, ob einer gültigen und erlaubten Eheschließung nach katholischem Eherecht nichts entgegensteht; insbesondere muss er sich davon überzeugen, dass es für das Paar physisch oder moralisch unmöglich ist, einen Amtsträger ihrer Kirche zu erreichen. Priester, die von dieser Regelung Gebrauch machen wollen, müssen beim Erzbischöflichen Offizialat ein Ehevorbereitungsprotokoll mit den üblichen Anlagen vorlegen und sich für jeden Einzelfall delegieren lassen.
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C. Abschließende Hinweise

Immer wenn eine Taufe (und bei Ostkirchen mit ihr verbunden eine Firmung; s. oben A 3) oder eine Eheschließung (nur bei den Ostkirchen; s. oben B 2) nach can. 868 § 3 CIC oder 1116 § 3 CIC gespendet wird, so ist diese nach den liturgischen Vorschriften der lateinischen Kirche vorzunehmen, auch wenn die Sakramentenspendung in der nichtkatholischen Kirche Rechtswirkungen entfaltet. Der zuständige Leitende Pfarrer hat nach der ersatzweisen Sakramentenspendung diese nicht in die Kirchenbücher einzutragen, wohl aber die Unterlagen sorgfältig im Pfarrarchiv zu verwahren und eine Meldung der Sakramentenspendung an die Kirchliche Meldestelle in Freiburg vorzunehmen. Diese nimmt dem Leitenden Pfarrer die Pflicht zur Weitermeldung an den zuständigen Seelsorger der betreffenden Kirche ab.
Die angeführten Rechtsnormen sind am 15. September 2016 veröffentlicht worden und treten damit am 15. Dezember 2016 in Kraft.
Dieses Verfahren ist auch auf Bestattungen nach can. 1183 § 3 CIC anzuwenden: Prüfung der Voraussetzungen des can. 1183 § 3, Antrag des Leitenden Pfarrers an das Erzbischöfliche Offizialat für die ersatzweise Vornahme der Bestattung bei Verhinderung des nichtkatholischen Amtsträgers, Meldung an die Kirchliche Meldestelle.
Für Auskünfte und Fragen steht das Erzbischöfliche Offizialat zur Verfügung. Die Kirchliche Meldestelle wird im Programm Formulare-Online unter den Menüpunkten „Taufe-, Ehe-, Bestattung > Weitere Formulare“ jeweils den Antrag für die ersatzweise Vornahme von Amtshandlungen an Nichtkatholiken bereitstellen, der mit einer entsprechenden Anlage mit den Daten zur Taufe, Ehe bzw. Bestattung zu ergänzen ist. Alle notwendigen Formulare werden zunächst als PDF-Datei bereitgestellt; eine Integration in die Datenbank Formulare-Online ist erst dann vorgesehen, wenn die Anzahl der Fälle dies rechtfertigt.
Die Entscheidung des Papstes, die ersatzweise Vornahme von Amtshandlungen an nichtkatholischen Christen nach dem Vorbild des CCEO nun auch auf den CIC zu übertragen, ist zu begrüßen. Bisher sah der CIC nur für den Fall der Bestattung eine Ausnahme vor (can. 1183 § 3 CIC). Nun sind entsprechende Regelungen für Taufe (can. 868 § 3 CIC) und Ehe (can. 1116 § 3 CIC) ergänzt worden. Dabei ist es konsequent, die ersatzweise Vornahme einer Eheschließung auf nichtkatholische orientalische Christen zu beschränken, da die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften kein Ehesakrament kennen. Die ersatzweise Vornahme von Amtshandlungen an nichtkatholischen Christen ist als Ausnahme für seelsorgerliche Notfälle vorgesehen. Von dieser Möglichkeit ist mit Augenmaß Gebrauch zu machen. Das Antragsrecht wird daher dem Leitenden Pfarrer einer Seelsorgeeinheit übertragen, unabhängig davon, wer später die Amtshandlung vornimmt. Insbesondere haben die Leitenden Pfarrer darauf zu achten, die ökumenischen Beziehungen zu den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften dadurch nicht zu belasten. Wann immer es geschehen kann, empfiehlt sich eine vorherige Absprache mit dem Seelsorger der betreffenden Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft.