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Urkunde über die Dotation des Badischen Bistums

vom 23. Dezember 1820

Vorbemerkung:
Die Übersetzung ist – soweit möglich – wörtlich; an einigen Stellen gibt sie den (vermuteten) Sinn wieder. Bei manchen lateinischen Begriffen konnte auch mit Hilfe zweier erfahrener Archivmitarbeiter nicht eindeutig geklärt werden, welche Bedeutung sie im 19. Jahrhundert hatten.
Urkunde über die Dotation des Badischen Bistums1#vom 23. Dezember 1820
Seine Königliche Hoheit Ludwig, Großherzog von Baden, hat angeordnet, dass zu der in seinem Großherzogtum anstehenden Gründung des Bistums, das alle einzelnen in der angehängten Zirkumskriptionsurkunde aufgezählten Teile der neu zu errichtenden Diözese umfasst, als Dotation angewiesen wird:
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I. Gebäude

  1. Als Bischofshof das an den Platz der Basilika angrenzende und früher für die Breisgauischen Landstände bestimmte Palais in der Stadt Freiburg mit Zubehörungen und Garten vor dem Stadttor;
  2. als Wohnung des Dignitärs2# das früher zum Kloster Schuttern gehörende Haus mit Garten;
  3. als Wohnung des ersten Domkapitulars das nahe der Basilika gelegene und bisher derselben zugehörende Haus mit Zubehörungen;
  4. als Wohnung des zweiten Domkapitulars das dicht bei der Kirche St. Martin gelegene und bisher derselben zugehörende Haus mit Zubehörungen;
  5. als Wohnung des dritten, vierten und fünften Domkapitulars die früher der Abtei St. Blasien zugehörenden drei Häuser in den Gassen, die man Salzgasse und Grünwäldergasse nennt, mit Gärten vor dem Stadttor;
  6. als Wohnung des sechsten Domkapitulars das nahe der Basilika gelegene und „von Oeschger“ genannte Haus mit Garten;
  7. als Wohnung der sechs Präbendare die bisher der Basilika zugehörenden und an der Gasse, die Pfaffengasse genannt wird, gelegenen sechs Häuser mit Gärten;
  8. als Seminar das Haus, das einst Kloster des Augustinerordens und später der Franziskaner-Rekollektinnen war.
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II. Grundstücke

Herrschaft Linz in der Landgrafschaft Nellenburg, deren Wert geschätzt wird auf 110.666 Gulden.
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III. Jährliche Einkünfte

  1. der Herrschaft Linz verschiedener Art, die nach Abzug des Abzuziehenden von Wert sind (Anlage No. 1)
    Im Folgenden werden mit jeweils konkreten Guldenbeträgen genannt:
    • unter dem Buchstaben b.) „Früchte3# nach Freiburger Maß“, die aus dem Freiburger Quaestorium4# zu empfangen sind, wobei die sich anschließende Auflistung Hafer, Heu, Stroh, Weine, Weizen und Roggen umfasst,
    • unter dem Buchstaben c.) Holz von der Freiburger Forstverwaltung,
    • unter dem Buchstaben d.) „gezähltes Geld“ aus der Freiburger Kreiskasse und aus der einstigen Konstanzer (Dom-) Fabrik.
  2. in festen Zuständigkeiten aus den in der Stadt Freiburg bereits bestehenden Fonds der Seligen Jungfrau Maria und des hl. Bischofs Martin und der alten Präsenzen der Basilika
  3. in Zuteilungen aus verschiedenen Fonds, die im Großherzogtum Baden bestehen, nämlich aus dem Meersburger Seminarfonds, aus dem Bruchsaler Seminarfonds, aus dem Heidelberger Seminarsfonds, aus dem Badischen Seminarfonds, aus dem Fonds St. Erhard in Gengenbach, aus dem alten Breisgauer Religionsfonds und aus dem neuen Fonds der Interkalarerträge, der Einkünfte der Kanzlei etc.
  4. in Einkünften der Freiburger Domfabrik
Summe der Einkünfte: 75.364 Gulden
Aus der vorgenannten Dotation werden zugewiesen (Anlage No. 2):
  1. für den Tisch des Bischofs 12.000 Gulden
  2. für das Kapitel:
    1. für den Dignitär5# 4.000 Gulden
    2. für den ersten Domkapitular 2.300 Gulden
    3. für den zweiten Domkapitular 1.800 Gulden
    4. für den dritten Domkapitular 1.800 Gulden
    5. für den vierten Domkapitular 1.800 Gulden
    6. für den fünften Domkapitular 1.800 Gulden
    7. für den sechsten Domkapitular 1.800 Gulden
    8. für die sechs Präbendare jedem jeweils 900 Gulden - 5.400 Gulden
  3. für die Bischöfliche Kanzlei 3.000 Gulden
  4. für die Domfabrik 5.264 Gulden
  5. für das Seminar 25.000 Gulden
  6. für das Haus der emeritierten und dienstuntauglichen Geistlichen 8.000 Gulden
  7. als besondere Dotation des Erzbischofs, bestehend in 3.000 Gulden, gemäß Berechnung der katholischen Seelen 1.400 Gulden
Summe der Aufwendungen: 75.364 Gulden
Alle einzelnen Bestandteile dieser Dotation in Gebäuden, Grundstücken und jährlichen Einkünften werden zugewiesen zum Nutzen und zum Wohl des Badischen Bistums. Alle zugewiesenen Erträge in der Kasse des Kreises, im Quaestorium und in der Freiburger Forstverwaltung werden grundgelegt mit dem Recht der Hypothek in den Herrschaftszehnten in Heitersheim, Eschbach, Griesheim und Bremgarten und in denjenigen Orten, die zum Freiburger Quaestorium gehören (Anlage 3 und 4) , während die übrigen Einkünfte aus der Fundation6# selbst hervorfließen und keines besonderen Hypothekenrechtes bedürfen.
Die Urkunde über diese Fundation wird dem Bischof und dem Kapitel, wenn sie kanonisch eingesetzt sind, übergeben werden und der Nießbrauch der gesamten Dotation wird zugewiesen werden.
Zu dessen Bestäigung haben wir aufgrund eines Spezialmandats seiner Königlichen Hoheit dieses Schriftstück, von uns unterschrieben und mit dem üblichen Siegel versehen, ausgefertigt.
Karlsruhe, 23. Dezember 1820
Innenministerium
von Gulat
20.11.2017
Andreas Lerbs

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1 ↑ Dass „episcopatus“ hier gleichbedeutend mit „dioecesis“ verwendet wird, hat ein im späteren Latein erfahrener Mitarbeiter des Erzb. Archivs bestätigt. Bei der Wiedergabe mit „Bistum“ schwingt noch ein bisschen der Bischof mit.
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2 ↑ In diesem Zusammenhang: Dekan des Kapitels (vgl. deutsche Übersetzung der Zirkumskriptionsbulle „Provida solersque“ in der Rechtssammlung der Erzdiözese Freiburg).
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3 ↑ Die wörtliche Wiedergabe mit „Früchten“ passt gut zu den gleich darauf genannten Naturalien; da es um Geld geht, könnte „fruges“ aber auch die Bedeutung „Erträge“ haben.
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4 ↑ Was „Quaestorium“ im 19. Jahrhundert bedeutet, ist unklar. Ausgehend von den Aufgaben der Quaestoren in der römischen Antike handelt es sich vermutlich um eine Stelle, die mit Finanzen und Steuern zu tun hat.
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5 ↑ Vgl. oben Anm. 2.
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6 ↑ Das Wort „fundatio“ kann auch „Stiftung“ bedeuten (so z. B. im CIC), was hier jedoch unwahrscheinlich ist. „Fundation“ ist offensichtlich ein Terminus technicus im Kontext der Gründung von Diözesen im 19. Jahrhundert; so schreibt etwa Prof. Dr. Gregor Richter, der frühere Präsident der Landesarchivdirektion in Stuttgart, 1978 in einem Aufsatz über die Errichtung und Ausstattung der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Papst habe von den Regierungen „förmliche Fundationsinstrumente über die Dotation der Bistümer“ verlangt (vgl. FDA 98, 1978, S. 527); an anderer Stelle ist von „Fundationszusagen“ die Rede (vgl. a. a. O., S. 534). Richter weist im Blick auf die in der Urkunde genannten und in die Bulle „Provida solersque“ aufgenommenen Beträge darauf hin, dass dies nicht heiße, „die ausgesetzten Summen wären aus der Staatskasse gezahlt worden. Vielmehr garantierte sie der Staat nur, im übrigen wälzte er soviel als möglich auf kirchliche Fonds um... Allein acht von ihnen fü;r das Priesterseminar mit Beiträgen, die den vollen Ansatz von 25 000 fl deckten. Immerhin handelte es sich samt und sonders um solche Fonds, die ihrer Zweckbestimmung nach als dafür geeignet scheinen, insbesondere gilt dies für den Seminarfonds Bruchsal, den Alumnatsfonds Bruchsal und den Seminarfonds Meersburg. Für die Kanzleikosten ließ Baden Taxen erheben... Im übrigen zog man heran die Freiburger Münsterfabrik, verschiedene Pfründen, die mit Dignitären besetzt wurden und die Konstanzer Domfabrik. Insgesamt fielen auf Taxen und Fondsbeiträge 39 444 fl, somit mehr als die Hälfte der Gesamtsumme von 75 364 fl.“ (a. a. O., S. 534f.).