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Allgemeines Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt

vom 17. September 2012

(ABl. 2012, S. 343), zuletzt geändert am 16. Mai 2013 (ABl. 2013, S. 91)

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I.

Infolge der Säkularisation der Kirchengüter waren die deutschen Staaten zu materiellen Leistungen an die Kirchen verpflichtet. Im 19. Jahrhundert haben sie diese Verpflichtung umgewandelt und die Kirchensteuer eingeführt. Mittels ihrer entrichten nun die Gläubigen selbst Beiträge für die Aufgaben der Kirche. Um dem Grundrecht der Religionsfreiheit Geltung zu verschaffen und zu gewährleisten, dass niemand gegen seinen Willen als Kirchenmitglied geführt wird, wurde die Möglichkeit geschaffen, zivilrechtlich den „Kirchenaustritt“ zu erklären.
Die Erklärung des Kirchenaustritts vor der zuständigen zivilen Behörde stellt als öffentlicher Akt eine willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche dar und ist eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft. Wer vor der zuständigen zivilen Behörde aus welchen Gründen auch immer seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt damit gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 § 1 CIC), und gegen die Pflicht, seinen finanziellen Beitrag dazu zu leisten, dass die Kirche ihre Aufgaben erfüllen kann (c. 222 § 1 CIC i. V. m. c. 1263 CIC).
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II.

Die Erklärung des Kirchenaustritts erfüllt die Kirche mit Sorge und bewegt sie, der Person, die ihren Austritt erklärt hat, mit pastoraler Hinwendung nachzugehen.
Die Erklärung des Kirchenaustritts zieht folgende Rechtsfolgen nach sich:
  1. Die aus der Kirche ausgetretene Person
    • darf die Sakramente der Buße, Eucharistie, Firmung und Krankensalbung – außer in Todesgefahr – nicht empfangen,
    • kann keine kirchlichen Ämter bekleiden und keine Funktionen in der Kirche wahrnehmen,
    • kann nicht Taufpate und nicht Firmpate sein,
    • kann nicht Mitglied in pfarrlichen und in diözesanen Räten sein,
    • verliert das aktive und passive Wahlrecht in der Kirche,
    • kann nicht Mitglied in öffentlichen kirchlichen Vereinen sein.
  2. Damit aus der Kirche ausgetretene Personen eine kirchliche Ehe schließen können, muss die Erlaubnis zur Eheschließungsassistenz beim Ortsordinarius eingeholt werden. Diese setzt Versprechen über die Bewahrung des Glaubens und die katholische Kindererziehung voraus.
  3. Falls die aus der Kirche ausgetretene Person nicht vor dem Tod irgendein Zeichen der Reue gezeigt hat, kann das kirchliche Begräbnis verweigert werden.
  4. Falls die Person im kirchlichen Dienst steht, treten die im kirchlichen Dienstrecht vorgesehenen Folgen in Kraft.
  5. Falls die Person aufgrund einer kirchlichen Ermächtigung Dienste ausübt, muss diese Ermächtigung widerrufen werden.
  6. Die kirchliche Autorität lädt diejenigen, die den Kirchenaustritt erklärt haben, zu einem Gespräch im Blick auf ihre volle Wiedereingliederung in die kirchliche Gemeinschaft ein. Es zielt auf die Versöhnung mit der Kirche und die Rückkehr zur vollen Ausübung der Rechte und Pflichten. Wenn aus der Reaktion des Gläubigen, der den Kirchenaustritt erklärt hat, auf einen schismatischen, häretischen oder apostatischen Akt zu schließen ist, wird der Ordinarius dafür sorgen, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Das Pastorale Schreiben an die aus der Kirche ausgetretene Person unmittelbar nach Kenntnisnahme des Kirchenaustritts (siehe Anlage) und das Gespräch haben keine aufschiebende Wirkung.
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Erläuterungen:

In den Bundesländern außer Bremen erfolgt der Kirchenaustritt vor einer zivilen Behörde, in Bremen gemäß Landesgesetz vor einer kirchlichen Stelle.
zu 1.
Pfarrliche und diözesane Räte sind z. B. Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand bzw. Vermögensverwaltungsrat sowie Diözesanpastoralrat. Zur Mitgliedschaft in öffentlichen kirchlichen Vereinen vgl. c. 316 CIC.
zu 2.
Vgl. dazu c. 1071 in Verbindung mit c. 1125 CIC.
zu 3.
Vgl. dazu c. 1184 § 1 n. 3 CIC.
zu 4.
Vgl. dazu „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“, Artikel 3 Absatz 4 („Für keinen Dienst in der Kirche ist geeignet, wer sich kirchenfeindlich betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.“) (= Die deutschen Bischöfe 51, 2008).
zu 5.
Gemeint sind z. B. die missio canonica für Religionslehrer und das nihil obstat für Theologieprofessoren.
Das am 15. März 2011 von der Vollversammlung approbierte „Allgemeine Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt“ mit dem Pastoralen Schreiben wurde durch Dekret der Kongregation für die Bischöfe vom 28. August 2012 rekognosziert (Prot. Nr. 834/84).
Die Promulgation gemäß § 16 Absatz 2 des Statuts der Deutschen Bischofskonferenz vom 28. September 2002 ist bereits erfolgt.
Das „Allgemeine Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt“ tritt am 24. September 2012 in Kraft.